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Uni Witten/Herdecke als „Eisbrecher“ im Hochschulewesen

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By NNA-Korrespondentin Edith Willer-Kurtz

WITTEN-HERDECKE (NNA) – Vor 30 Jahren nahm die Universität Witten/Herdecke (UW/H) mit 27 Studierenden in provisorischen Unterkünften ihren Betrieb auf. In einem Festakt würdigten rund 800 Gäste das Jubiläum von Deutschlands erster privater Hochschule, deren Entwicklung alles andere als gradlinig verlaufen war (NNA berichtete). Trotzdem habe sie als eine Art „Eisbrecher“ im deutschen Bildungswesen gewirkt, so das Fazit der Veranstaltung.

Auch die Ministerin für Innovation, Wissenschaft und Politik des Landes NRW, Svenja Schulze, nahm in ihrem Grußwort Bezug auf die bewegte Geschichte des Geburtstagskindes: Trotz Gegenwind habe sich die Uni Witten/Herdecke nie entmutigen lassen und ihren Innovationskurs fortgesetzt. Sie habe die staatlichen Universitäten mit Ideen befruchtet, die praxisnahe Medizinerausbildung sei z.B. inzwischen in die Approbationsordnung der Ärzte eingeflossen.

Prof. Dr. Butzlaff als Präsident, Dipl. oec. Jan Peter Nonnenkamp als Kanzler und Prof. Dr. Rudolf Wimmer als Vizepräsident richteten Willkommensworte an die zahlreichen Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Politik, die zum Jubiläum gekommen waren und damit ihre Verbundenheit mit der UW/H zum Ausdruck brachten.

Mit einem neu geschaffenen Gründerpreis in Stein ehrte die Universität Mitbegründer Dr. Konrad Schily und Dr.h.c. Peter Schnell, den Begründer der Software AG Stiftung für ihre Verdienste um die UW/H. Sie hätten sich in herausragender Weise für die Entstehung und Zukunft der UW/H eingesetzt, heißt es in einer Erklärung dazu. Zwei Steine, Sandsteine aus dem Flussbett der Region, jeweils mit dem Namen graviert, auf zwei Stelen liegend, sollen dies dokumentieren. Sie stehen für das übergeordnete Leitwort der UW/H: Zur Freiheit ermuntern, zur Wahrheit streben und soziale Verantwortung übernehmen. Die Steine werden künftig im Eingangsbereich integriert sein.

Schnell, der 2008/2009 als Förderer der UW/H registriert hatte, in welch fundamentalen Schwierigkeiten sich die junge Universität befand, erwirkte eine Bürgschaft der Software AG Stiftung über zehn Millionen Euro – ein Schritt im Gegensatz zur öffentlichen Meinung. Schnell äußerte auf der Bühne: „Die Gesellschaft braucht Pluralismus!“ Der einzelne Mensch müsse „in das Maximum seines Vermögens entwickelt“ werden. Das große Lernziel der UWH sei es, in Freiheit Verantwortung übernehmen zu lernen.

Lebendig wurde das Programm mit Carmen Thomas als Moderatorin durch Interviews mit ehemaligen Studenten und der Bürgermeisterin von Witten, Sonja Leidemann. Der Slogan „Witten wirkt“, wie er von der UW/H genutzt wird, erlangte dabei weitere Bedeutung über die Hochschullandschaft hinaus. Durch die Universität seien in Witten neue Aufgaben und Arbeitsplätze entstanden, bedankte sich Leidemann. Auch „Witten drin“ tauchte als Wortspiel im Programm auf.

Die Festschrift zum Jubiläum setzte den Slogan auf ihre Weise um:

„Wittener Wirkgeschichten“ werden erzählt mit entscheidenden Passagen der Entwicklung aus 30 Jahren.

Hier wird dem Leser nicht nur von dem Gründungsimpuls, oder dem ersten Spatenstich des Campus berichtet, der von März 1992 bis Oktober 1993 errichtet wurde. Er erfährt u.a. auch von der Wichtigkeit des Studiums fundamentale mit dem seit 1998 eingeführten Strukturmodell des heutigen Dekans Prof. Elmar Lampson. Es beinhaltet drei Felder von Kompetenzen: Reflexivität, Kommunikation und Kunst.

Das Studium fundamente sei weniger an einer überzeitlichen Idealvorstellung von „Humanum“ orientiert, als an der Vermittlung jener Qualifikationen, die unter den heutigen wirtschaftlichen und soziokulturellen Rahmenbedingungen (Pluralismus, Globalisierung, Wettbewerb) ein erfolgreiches mit einem verantwortlichen und freiem Handeln und Denken verbinde, schreibt Dr. Joachim Landkammer in der Festschrift.

Diese Werte des Universitätsleben wurden auch in der Feier immer wieder ausgesprochen: Besonders bemerkenswert sei die geistige Offenheit und die Kreativität, die an der UW/H herrschten. Dies sei auch auf den Einfluss der Beteiligtenzurückzuführen: Es seien Menschen gewesen, die für ihr Anliegen gebrannt hätten, die zur Entwicklung der UWH beigetragen haben, betonte Prof. Butzlaff.

Dieser Funke scheint zu den Studenten übergesprungen zu sein, das zeigten Studenten mit der Raum umspannenden Performance: „Aus dem Tagebuch“. Dabei kam das vielschichtige Engagement mit ernsthaften Themen während der Studienzeit mimisch und humorvoll in zahlreichen Zitaten zum Ausdruck.

Prof. Rudolf Wimmer betonte, dass die Studenten das Herzstück der Universität seien mit ihren Forderungen, ihren Anregungen, ihrem Einsatz und dem Ziel, auch nach außen zu wirken. Dies zeige sich von Jahrgang zu Jahrgang. „Was will ich im Leben umsetzen“ sei jeweils die Frage der UWH an die Studenten. Da ginge es darum, die Gesellschaft weiter zu entwickeln, aber auch Persönlichkeiten zu fördern. Ihre Entwicklung solle nie beendet sein, wurde aus der geistigen Haltung dem Menschen gegenüber betont.

Prof. Butzlaff blickte in die Zukunft mit seinen Ausführungen: Inzwischen seien mehr als 1.400 Studierende in den 14 Studiengängen der Fakultäten Gesundheit, Wirtschaft und Kultur eingeschrieben. Die UWH habe nicht mehr nur die Aufgabe, Wissen zu vermitteln, sondern darüber hinaus neues Wissen zu generieren, Urteilskraft, Gestaltungswille und Ideensfähigkeiten auszubilden.

Der – durch die Gesellschafter abgesicherte – Jahresetat der UW/H umfasst inzwischen rund 35 Mio Euro. Sie verfügt über das Promotions- und Habilitationsrecht. Für das Jahr 2015 rechnet sie mit 2000 Studenten. Deswegen wird gegenwärtig über eine Erweiterung des 1993 eingeweihten Campus nachgedacht.

Unter Leitung von Ingo E. Riehl, dem Universitätsmusikdirektor, musizierten Studenten zum Auftakt und Ausklang feierlich. Den Abschluss bildete am Abend eine Party insbesondere für die Studenten, an der 1500 Personen teilnahmen.

„Witten wirkt. Und bewegt“ präsentiert sich im Foyer auf Stelen mit darauf angegebenen Themen und einer App zum Erleben auf Iphone oder Ipad. Informationen klären auf z.B. über das Auswahlverfahren, über Medizin und Zahnmedizin. Man erfährt auch, dass alle Studenten jeden Donnerstag die Veranstaltungen des Studium fundamentale besuchen. Auch dadurch werde die UWH ihrem Anspruch gerecht, „Standpunkte und Perspektiven zu wechseln, querzudenken, scheinbar Selbstverständliches neu zu hinterfragen.“

END/nna/wil

Bericht-Nr.: 130524-01DE Datum: 24. Mai 2013

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Auch die Studierenden machten mit einer Performance mit<br>Fotos: Universität Witten/Herdecke