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Recyclingobjekte unter den Christbaum!
WARSCHAU (NNA) – Wer mit Weihnachtsmarkt Kommerz, Glühweindunst und Einkauf von Dingen verbindet, die man eigentlich nicht braucht, der sollte die Vorweihnachtszeit in Warschau verbringen. Denn dort haben junge Leute einen Weihnachtsmarkt ganz anderer Art auf die Beine gestellt: Hier werden Kunstobjekte angeboten, die allesamt aus Altmaterial hergestellt sind. Der zweitägige Recycling-Weihnachtsmarkt im Warschauer Stadtteil Praga links der Weichsel fand in diesem Jahr zum siebten Mal statt.
Schon sein ganzes Ambiente unterscheidet sich grundlegend von den üblichen Weihnachtsmärkten: In leeren alten Industriehallen unter nackten Glühbirnen und vor herunterhängenden Leitungen nähen, sägen, feilen und hämmern die Künstler an ihren Objekten. Ein buntgemischtes Publikum drängt sich von Stand zu Stand und kann den Transformationsprozess vom Müll zum Kunstobjekt zum Teil live miterleben.
Veranstalter ist die Initiative PrzeTwory (wörtlich übersetzt „Eingemachtes“). Mit ihrer Aktion möchte sie darauf hinweisen, dass viele Dinge, die heute im Müll landen, kreativ wiederbelebt werden können. „Es ist eine ganz einfache Idee“, heißt es dazu im Facebook-Auftritt der Initiative. „ Wir sammeln Müll, alte Möbel und Recyclingmaterialien. Wir übergeben sie an Künstler, die wir dazu einladen, diese Dinge in neue Kunstobjekte zu verarbeiten“. Und so werden aus Schaumstoffstücken vielgestaltige bunte Designobjekte, aus Feuerwehrschläuchen Laptoptaschen und aus zerlegten alten Uhren oder den Tastaturen alter Schreibmaschinen neue Schmuckstücke.
In den letzten zwei Jahren hat sich so in den alten Fabrikhallen ein Künstlerfestival etabliert, das zunehmend auch international besucht wird. Auf ihrer Facebookseite ist die Initiative stolz auf die Teilnahme von Designstars wie Anthony Lebossé aus Frankreich oder Tom Price aus England, die neben den polnischen Künstlern an der Umgestaltung von Wegwerfartikeln zu Kunstwerken arbeiten. Inzwischen gibt es auch einen Wettbewerb, der das beste Produkt auszeichnet mit dem Titel „Przetwór Roku“ (wörtlich übersetzt „Das Eingemachte des Jahres“). Er gilt bereits als einer der wichtigsten Designawards für junge Künstler in Polen.
Die Fabrikhallen, in denen PrzeTwory sein Festival organisiert, liegen im Warschauer Stadtteil Praga. Das traditionelle Arbeiterviertel, das als sozialer Brennpunkt gilt, ist in den vergangenen Jahren von jungen Leuten entdeckt worden und hat sich zu einem Treffpunkt der alternativen Szene in Warschau entwickelt. Buchläden, Galerien, Antiquariate und Filmprojekte haben sich in den alten Industriebrachen angesiedelt. Als Vorbild gilt den jungen Leuten das Berlin der Wende, wo in stillgelegten Fabrikräumen verschiedenste kulturelle Einrichtungen entstanden sind wie beispielsweise die Kulturbrauerei. Praga wurde im Krieg nicht so stark zerstört wie der Rest der polnischen Hauptstadt, so dass die zahlreichen Altbauten einen Eindruck vom Warschau vor dem Krieg vermitteln. Die großen alten Mietskasernen sind allerdings meist stark renovierungsbedürftig. Die Organisation „Monopol Warszawski“ engagiert sich ebenfalls in dem Stadtteil, sie möchte ihn auch für den Tourismus erschließen. Bislang ist Praga mit seinem alternativen Weihnachtsmarkt eher ein Geheimtipp.
END/nna/ung
Bericht-Nr.: 121218-02DE Datum: 18. Dezember 2012
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