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Konfliktbewältigung braucht Zeit und will geübt werden

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By NNA-Korrespondentin Edith Willer-Kurtz

STUTTGART (NNA) – Thema „Konfliktbewältigung“ – Stuttgart als Heimat des größten Bürgerprotests der letzten Jahrzehnte in Deutschland schien ein passender Ort für dieses Seminar mit Nothart Rohlfs.

Veranstalter war das Forum 3, seit mehr als 40 Jahren ein Ort im Stuttgarter Zentrum, an dem Menschen zusammenkommen, um menschlichen und spirituellen Zukunftsimpulsen auf die Spur zu kommen. Nothart Rohlfs arbeitet als Entwicklungsbegleiter von Organisationen, Coach und Mediator. Im Seminar erläuterte er seine phänomenologische Art, sich einem Konflikt zu nähern und leitet praktische Übungen mit den Teilnehmern in den Workshopstunden an.

Rohlfs berichtete im Vortrag anschaulich, wie bei Konflikten Ort und Raum, Fakten, aber auch immer wieder „größere Dinge“ mitwirken. Das können historische Faktoren sein, die immer noch Wirkung auf den Ort haben oder generationsbedingt sein, wenn schon über Generationen etwas entsteht, das letztendlich als „unlösbarer“ Konflikt auftaucht. Nach Beobachtungen bildet sich zu Anfang oft eine Hypothese. Rohlfs erklärte, dass sich die vorgestellte Arbeitsweise im Kontext einer Organisation auch dann bewährt, wenn nur eine Konfliktpartei motiviert sei, den Konflikt aufzuarbeiten. Man bezieht dabei in einzelnen Schritten die Biografie des Ortes, die räumlich-örtliche Konfliktumgebung sowie die Empfindungen zur Charakterisierung des Konflikts der Beteiligten mit ein. Die so gewonnenen Qualitäten werden dann einem imaginären Gegenüber zugeschrieben und mit diesem als einem angenommenen Konfliktpartner bearbeitet.

Gutes Zuhören

Wer auf schnelle Konfliktlösung hofft, wird jedoch enttäuscht: Das ganze braucht Zeit, wie sich zeigte. Die Runde begann mit gegenseitigem Vorstellen: Da war Zuhören und Berichten ohne eigene „Einfärbungen“ angesagt. Der Erzähler konnte auch wahrnehmen, wie er sich gezeigt hat und kontrollierend dem Berichter zuhören. Dieses Vorgehen wirkte so, dass die Teilnehmer sich schnell öffneten und Interesse entwickelten.

Die einzelnen Punkte zu gutem Zuhören werden nochmals von Rohlfs zusammen gefasst: Ein gutes Gesprächsklima entsteht durch die bekundete Bereitschaft, dass man zuhören und geduldig sein will. Ablenkungen sollen fernhalten, eigene Einwände zurückgehaltne werden – eben beim anderen bleiben. Durch Vorwürfe oder Kritik soll man sich nicht aus dem Konzept bringen lassen.

Geübt wurde in kleinen Gruppen. Der „Fallgeber“ erzählte einen Konflikt, ein Zweiter schaute auf die Fakten und gab diese wieder. Verständnisfragen wurden gestellt und beantwortet, der Fallgeber prüfte damit, ob er verstanden wurde. Alle Teilnehmer übten so, den Konflikt aufzugliedern. Ein Gruppenmitglied kümmerte sich um das Atmosphärische, die wahrgenommene Stimmung mit Empfindungen, Sympathie oder Antipathie sollten dabei beiseite gelassen werden. Dies gelänge am besten, wenn man einen Schritt „zurücktrete“: Wie fühlt sich das Ganze an? Mit dieser Frage unterstützte Rohlfs die Teilnehmer.

Entwicklungsdynamik

In einem weiteren Schritt wurde dann die Entwicklungsdynamik betrachtet, die auch die Kräfteverhältnisse beinhalten: wo wirken Druck und Gegendruck in der Bewältigung des Konflikts

Die Beobachtungen zum Konflikt wurden ausgetauscht und skizziert, der Fallgeber bekam durch die Gruppe langsam ein verändertes Bild von der Situation – nicht zuletzt, weil auch Fragen nach weiteren Zusammenhängen auftauchten.

„Wie lassen sich Gestalt, Ganzheit, Persönlichkeit des Konfliktwesens charakterisieren? Lässt sich eventuell ein Begriff dafür finden?“ Mit dieser Frage brachte Rohlfs eine nächste Ebene ins Spiel. Fragen bestimmten auch die weitere Bearbeitung: Welche Bedürfnisse, Nöte, Anliegen scheint das Konfliktwesen zu besitzen? Welche Herausforderungen und Aussagen könnte es äußern, bzw. an die am Konflikt Beteiligten stellen? Was benötigt es und was könnte getan werden, um ihn entgegenzukommen?

Verhärtete Konflikte

Haben sich auf diese Weise lösende Sichtweisen entwickelt, kann Mut auftauchen, um die Situation neu anzugehen, die als verhärteter Konflikt beschrieben war. Beispielsweise kann eine zunächst angeprangerte Person mit Milde und sogar mit entschuldigenden Worten bedacht werden. Wieder wurde ein Bild der neu entstandenen Situation von den Teilnehmern gemalt und erklärt. In Wechselwirkungen entwickelten sich mehr und mehr Einsichten, Verständnis und Güte. In dieser Endphase der Konfliktbearbeitung ließen sich dann oft Kursänderungen beobachten: Plötzlich gehen Teilnehmer aufeinander zu, die vorher starr auf ihrer Position verharrten, deutete Rohlfs an.

Erstaunlicherweise traten diese Wirkungen nicht nur bezüglich der Geschichte des Fallgebers ein, sondern auch bei jedem Einzelnen und seiner eigenen eingebrachten Konfliktbiographie. Was bei anderen Fällen gelernt und verstanden wurde, ist übertragbar auf eigene und viele andere Fallgeschichten.

Wahrzunehmen war gegen Ende der gemeinsamen Stunden eine gewisse Erleichterung der Beteiligten. Jeder Einzelne hatte offensichtlich mehr Zuversicht gewonnen durch das Kennenlernen des „verborgenen players“ im mitgebrachten Konflikt, wie Rohlfs zunächst die geheimen Mitwirkenden eines Konflikts genannt hatte.

Mit dem in der heutigen Zeit äußerst wichtigen Thema „Konfliktbewältigung“ konnte an diesem Wochenende im Forum 3 ein weiteres Steinchen im Mosaik der Zukunftsimpulse entstehen, seine Erkenntnisse wirken weiter nach außen.

END/nna/wil

Bericht-Nr.: 140331-01DE Datum: 31. März 2014

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Nothart Rohlfs: Phänomenologische Art, sich einem Konflikt zu nähern <br>Foto: www.nothartrohlfs.de/