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Doch noch Hoffnung für die Odenwaldschule?

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By NNA Mitarbeiter

OBER-HAMBACH (NNA) – Für die traditionsreiche reformpädagogische Odenwaldschule gibt es möglicherweise doch noch Hoffnung. Die Leitung hatte ihre Schließung zum Schuljahrsende angekündigt, nachdem ein Missbrauchsskandal die Schule erschüttert, zum Verlust von Schülern geführt und die finanzielle Basis untergraben hatte.

Nun ist der Homepage der Schule zu entnehmen, dass es „beeindruckende Aktivitäten von Elternschaft, Schülerschaft und auch von Altschülern“ gibt, um die Schule „kurz vor Toresschluss vielleicht doch noch zu retten“. Auch jenseits der Schulgemeinde hätten sich Menschen gemeldet, die helfen wollten, dass „die Schule mit ihrem einzigartigen Konzept eine Zukunft haben“ könne. Allerdings sei die Herausforderung, für die nächsten drei Jahre die Finanzierung nachzuweisen, unverändert gewaltig.

Auf einer Versammlung am 3.Mai wurden als Finanzierungsquelle Darlehen in Erwägung gezogen, die in einem Fonds bzw. Pool zusammengefasst werden und grundbuchrechtlich erstrangig abgesichert werden sollen. Die Bedingungen im einzelnen sind auf der Homepage aufgeführt und es wird um solche Darlehen gebeten.

Es wird aber auch darauf hingewiesen, dass die Zeit, die der Schule zum Nachweis der Finanzierung fehle, „denkbar knapp“ sei. 337.000 EUR sollen schon gespendet worden sein. Wie die Resonanz auf den Darlehensaufruf war, konnte bei der Schule nicht in Erfahrung gebracht werden. Medienberichten zufolge fehlten der Schule zum Weiterbetrieb rund 2,5 Mio EUR.

Veränderte Trägerstruktur

Die Aufsichtsbehörden hatten eine neue Betriebserlaubnis von einer gesicherten Finanzierung für die nächsten Schuljahre abhängig gemacht. Die neue Betriebserlaubnis war aufgrund der veränderten Trägerstruktur der Odenwaldschule notwendig geworden.

Wie aus der Homepage hervorgeht, besteht das neue Trägerkonzept in einer Betriebs gGmbH als Schul- und Internatsträger und einer Stiftung als Eigentümer dieser gGmbH. Diese neue Struktur solle eine „verlässliche Basis für ein optimales Miteinander aller Interessengruppen gewährleisten und einen handlungsfähigen und professionellen Schulträger bieten“, wird betont.

Die Geschäftsleitung der Schule hatte Ende April mitgeteilt, dass es ihr bis dato nicht gelungen sei, die für den Schulbetrieb notwendigen finanziellen Mittel zu beschaffen und die Schule zum Schuljahrsende schließen müsse. Die Behörden hatten eine letzte Frist bis zum 30.April gesetzt.

Wie der Hessische Rundfunk weiter berichtete, waren Anfragen der Schule bei verschiedenen Banken ohne Ergebnis verlaufen. Die derzeitige Schülerzahl reicht für den Fortbestand nicht aus. Wenn der derzeitige Abiturjahrgang die Odenwaldschule verlässt, bleiben nur rund 100 Schüler übrig.

Kurz vor dem Jubiläum ihres 100jährigen Bestehens war der Missbrauchsskandal an der Odenwaldschule aufgedeckt worden. Mindestens 132 SchülerInnen sind betroffen,

Die Opfervereinigung Glasbrechen geht von wesentlich mehr Opfern in den 70er und 80er Jahren aus. An den Missbrauchsdelikten waren Lehrer beteiligt, aber auch der langjährige Leiter der Odenwaldschule, der bekannte Reformpädagoge Gerold Becker. Er ist inzwischen verstorben.

Trotz mehrfachem Wechsel der Schulleitung war es der Odenwaldschule nicht gelungen, einen echten Neuanfang zu machen. Dazu trugen interne Querelen bei. Auch ein Verzicht der Mitarbeiter auf zehn Prozent ihrer Gehälter blieb offenbar wirkungslos ebenso wie Immobilienverkäufe.

Vertrauen verspielt

Der Vorsitzende des Trägervereins, Gerhard Herbert, und der Geschäftsführer, Marcus Halfen-Kieper erklärten dazu, die Zeit für das neue Team der Schule sei offenbar zu kurz gewesen, um die notwendigen Bankkredite zu beschaffen. Dies sei aber nur ein Teil des Problems: „...vor allem aber mussten wir feststellen, wieviel Kredit nicht nur bei Schülern, Eltern und Behörden, sondern wie viel Vertrauen vor allem auch bei Banken und vielen Ehemaligen verspielt worden ist."

Auf der Homepage wird auch eine „vollständige personelle Neuaufstellung“ der Schule angekündigt. Der Vorstand des Trägervereins werde deshalb bei der Mitgliederversammlung am 17.Mai auch nicht wieder kandidieren. Bis zur Neuwahl soll jetzt das Leitungsteam der Schule die vollständige Verantwortung übernehmen.

„Wir wollen, dass es in der aktuellen Lage eine klare Struktur mit einer einheitlichen Führung gibt. Wenn es noch eine kleine Chance für die Schule geben sollte, dann darf dies nicht an unterschiedlichen Zuständigkeiten oder gar an Ressentiments gegenüber dem Vorstand des Trägervereins scheitern“, betonte Gerhard Herbert, der Vorsitzende des Trägervereins. Daher sei das Leitungsteam auch umfassend bevollmächtigt worden, die Geschäfte des Vereins mit sofortiger Wirkung bis zur Mitgliederversammlung zu führen.

Der nicht wieder kandidierende Vorstand des Trägervereins versichert, er werde der Schule, in die alle „viel Zeit und Herzblut gesteckt“ hätten, auch weiterhin verbunden bleiben. Denn das bundesweit einzigartige Konzept der Odenwaldschule spreche für sich. Es habe vielen Kindern, die im staatlichen Schulsystem nicht aufgefangen werden konnten, zu Schul- und Berufsabschlüssen verholfen.

END/nna/ung

Bericht-Nr.: 150515-03DE Datum: 15. Mai 2015

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Foto: www.odenwaldschule.de