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Das Kommende zum rechten Zeitpunkt erahnen

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By NNA-Korrespondentin Edith Willer-Kurtz

Die Heiligenfeld-Tagung befasste sich mit dem Thema „Kairos – den Wandel gestalten“. Ziel war es verschiedene Dimensionen und Themenfelder zu inspirieren.

BAD KISSINGEN (NNA) – „Kairos – den Wandel gestalten“ lautete das Thema des diesjährigen Kongresses der Akademie der Heiligenfeld GmbH, der Klinikgruppe mit den Schwerpunkt Psychosomatische Behandlung. Im Regentenbau in Bad Kissingen trafen über 1000 Teilnehmern ein, um entsprechend aus zahlreichen, Vorträgen und Workshops auszuwählen.

All diese Vorträge und Workshops wollten in verschiedenen Dimensionen und Themenfeldern inspirieren: In Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, in Kultur und Musik, Religion und Philosophie, Psychotherapie und Medizin, Wohn und Lebensformen, Bildung und Selbstfindung.

Prof. Felix Unger, Herzchirurg, Autor wissenschaftlicher Veröffentlichungen, erklärte den Begriff Kairos aus der Mythologie, was bedeutet: aus einer Gelegenheit heraus das Leben zu gestalten und damit den Wandel zu vollziehen. Gezeigt wurde die reliefartige Darstellung das Kairos, des jüngsten Sohn von Zeus, er ist mit Flügeln und auf Zehenspitzen unterwegs, mit herunterhängenden Locken und trägt eine Waage auf einer schmalen, scharfen Scheibe. Heute noch benutzten wir Formulierungen wie: „auf Messers Schneide“ oder: „am Schopfe packen“, wurde betont. Kairos sei flüchtig, husche vorbei, wenn man ihn nicht am Schopfe packe, sei es zu spät.

Dr. Joachim Galuska, Vorsitzender der Geschäftsführung und Gesellschafter der Heiligenfeld Kliniken setzte an: Kairos sei jetzt, sei immer. Jeder Moment könne vergegenwärtigt werden. Chronos dagegen sei die Metapher für das, was wir verfolgen, konstruieren. Dabei gelte es die Regeln einzuhalten, um das zu erreichen, was wir erreichen wollen. Kairos ereigne sich jenseits unserer Konstruktionen, die Vergegenwärtigung sei entscheidend und eröffne einen neuen Blick auf die Welt. Wandel geschehe in der Verantwortung, um dann entschlossen zu handeln.

Galuska zitierte Friedrich Schiller: „Unsere Sache ist es, den Funken des Lichts festzuhalten, der aus den Leben überall da hervorbricht, wo die Ewigkeit die Zeit berührt“. Weiteres Kairos-Bewusstsein zeige sich in der Offenheit und der „weisen Liebe“. Das bedeute, mit der Verbundenheit des Herzens und der Intuition für die „stimmigen Entscheidungen in den richtigen Momenten“ und in der Verantwortlichkeit für die Mitgestaltungen des Wandels zu sorgen.

Besonderer Moment

Sonja Student, Vorstand der integralen Akademie (DIA) und Expertin für Demokratiepädagogik bezeichnet Kairos als den besonderen Moment aus unbekannter Quelle für den Einzelnen und für die Gesellschaft, die Transformationen initiieren. Dafür müsse man allerdings bewusst vorbereitet sein und sich den Herausforderungen stellen. Verstehen und Handlungskompetenz gehöre dazu, auch Vertrauen sei wichtig und ein Ja zum Lebensprozess.

Prof. Tomas Loew, Hochschullehrer für Psychosomatik und Psychotherapie an der Universität Regensburg referierte zu Kairos vom Mythos zur Moderne. Er ging der Frage nach, wie Kairos zu erkennen sei. Man müsse Raum dafür öffnen, assoziieren, emotional eintauchen, die Konzentration auf die Aufmerksamkeit richten und auf die Elemente achten, die im Inneren schon da seien. Mit dem Gedächtnis eröffne sich dann die kreative und emotionale Verarbeitung. Als wichtig, um Kairos „zu erwischen“ bezeichnete er den Rhythmus und auch Atmung als Bestandteil davon.

Bodo Janssen, Unternehmer einer Hotelkette mit 700 Mitarbeitern war überzeugt, dass Kairos sich auch ereigne im Interesse und der Wertschätzung zu dem Gegenüber, der positiven Zugewandtheit mit der Haltung, dem Anderen zu begegnen, von ihm etwas zu erfahren und dabei erleben, was verbindet.

Verbundenheit zu schenken, bedeute, nicht nur hören was der andere sage, sondern auch empfinden, was der andere wünsche, zum Beispiel darauf zu achten, was man selbst dazu beitragen könne, dass das Gegenüber keine Angst habe. In dem an den Vortrag anschließenden Workshop erlebten die Teilnehmer in Vierergruppen – ganz in der Gegenwart – kurze Vorstellungen intensiv mit offenen Ohren und Herzen wahrzunehmen, daraufhin entsprechendes Feedback geben können.

Wertschöpfung durch Wertschätzung war Janssens These für Unternehmen, die eine Entwicklung mit positiven Auswirkungen generieren, Führung sei als Dienstleitung zu verstehen, betonte er.

Schöpferisches Potential

Nathalie Knapp, als Philosophin, ehemalige SWR Kulturredakteurin und Autorin mehrere Bücher hielt ein Plädoyer für die Unsicherheit als schöpferisches Potenzial. Im Ungewissen fühle man sich unsicher, verletzlich und angreifbar; doch solche Krisenzeiten aktivierten auch schöpferisches Potential. Dabei erinnere man sich, dass man auch die Fähigkeit besitze, die Welt mit zu gestalten. Und zu keiner anderen Zeit sei es leichter zu erkennen, was wirklich zähle. So könne man auch der heutigen Zeit einen Bezug geben.

Bei Unsicherheit verlangsame man sich und beginne mit geistigem Handeln, Hoffnung, Freiheit und Kreativität. Die Pubertät bezeichnet sie als einen „Geniestreich der Evolution“, gerade Jugendliche lebten oft in großer Unsicherheit und vollbrächten dabei große kreative Leistungen. „Die Zukunft verursacht die Gegenwart, Die Zukunft kann nämlich ganz grundsätzlich nur deshalb aus der Gegenwart wachsen, weil ebendiese Gegenwart bereits vom Licht der möglichen Zukunft genährt wird“, war eines ihrer Statements. Ihr Vortrag begeisterte die Zuhörer zu frenetischem Applaus.

Thomas Hübl, moderner Mystiker und spiritueller Lehrer versteht sich als Autor und Systemdenker. Er integriert große Weisheitstraditionen mit wissenschaftlicher Erkenntnis. Wann sind es essentielle Momente im Leben?“ „Welche Qualitäten gehören dazu?“ fragte er. Zum einen, wenn Zeit sich in Tieferes verwandelt, es zeitlos werde, entstünden außergewöhnliche Moment von Stille, Gott, Licht, Schöpfung, je nachdem, wie man es nennen möge.

„Ein essentieller Moment ist mit dem kreativen Potential des Augenblicks verbunden“ stellte er fest. Die Präsenz, so sagte er, sei wichtig, Präsent sein, das könne das Ich leisten „in der Präsenz ruhe ich in etwas, was größer ist als ich selbst“. Das synchronisierte Selbst ist Präsenz. Kairos hat bei ihm mit Bewusstsein zu tun. „Präsenz ist ein offenes Nervensystem, das nicht damit beschäftigt ist, die Energie aus der Vergangenheit zu prozessieren“, erläuterte er wissenschaftlich. Die Zukunft sei die emergente Realität- Potenzialität und stehe uns immer zur Verfügung, so Hübl . Sie könne sichtbar werden durch Kreativität oder Innovation.

Erfüllte Zeit

Prof. Claus Eurich, Philosoph, Publizist, Professor für Journalistik an der TU Dortmund sprach über „Kairos, die erfüllte Zeit“. Er sieht darin die Heilszeit, die Zeit der Gnade und Erfüllung, die Synchronizität der inneren Zusammenhänge, die von innen her verstanden werde. Anders gesagt; da wo der Moment aufgehoben und getragen ist, da gebe es ein radikales Vertrauen und Hingabe zu dem, was neu ist. Es geschehe zwar nicht unvorbereitet, dennoch werde das Kommende geahnt und da sei Kairos präsent.

Christina Pohripneak, Chefärztin der Parkklinik in Bad Kissingen und Trauma-Therapeutin bezog sich auf Hochsensibilität. Hochsensible Menschen seien ein Geschenk für diese Welt, sie hätten die Fähigkeit, ihre Umgebung sensibler wahrzunehmen und zu einer tieferen und komplexeren Verarbeitung der Eindrücke, stellte sie fest. Es bestehe allerdings die Tendenz, dass stark stimulierende Situationen dazu führen können, dass sich diese Menschen überfordert fühlen.

Neben Merkmalen der Empathie erkenne man einen hochsensiblen Menschen an der erhöhten Differenziertheit und Reflexionsfähigkeit. Als Querdenker sind sie Spezialisten für komplexe Zusammenhänge und könnten deshalb zu reibungslosen Abläufen in beruflichen Umfeldern führen. 20% der Bevölkerung leben mit dieser Begabung, gab Pohripneak an.

Bereicherung

Zu all den vertiefenden Workshops, die Theoretisches praktisch erlebbar machten, ergänzten die Abendvorstellungen auf unterhaltsame Art die behandelten Themen. Bereichert mit viel Wissenswertem, mit Begegnungen und Erfahrungen verließ man als Teilnehmer die Tagung – gestärkt für weitere Wandlungen im eigenen Leben.

Achtsamkeit – Evolution – Bewusstsein – Menschsein ist das Thema des nächsten Heiligenfeldt-Kongresses im kommenden Mai 2019.

END/nna/wil

Bericht-Nr.: 180709-01DE Datum: 9. Juli 2018

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Foto: Kai Fraass