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Bioland und Demeter gründen gemeinnützige Tierzuchtgesellschaft

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By NNA Mitarbeiter

MAINZ/DARMSTADT (NNA) – Eine gemeinnützige Ökologische Tierzucht gGmbH ist jetzt von den beiden Bioverbänden Demeter und Bioland gegründet worden. Sie soll auf lange Sicht die Zucht von Geflügel ermöglichen, das sich für artgerechte Haltung eignet.

Bei Legehennen und Mastgeflügel sind auch die Landwirte der beiden Verbände bisher vielfach auf Tiere angewiesen, die für die industrielle Intensivhaltung gezüchtet wurden. Die Geflügelzucht liegt derzeit – wie die beiden Verbände in ihrer Pressemitteilung erläutern – in der Hand von wenigen weltweit operierenden Unternehmen, die auch Aufzucht, Mast, Haltung der Legehennen und Schlachtung der Tiere im Verbund organisieren.

Die mit dieser Art von Tierzucht und -haltung verbundenen Tiere weisen die Merkmale einer „einseitigen Hochleistungszucht“ auf, wie die beiden Verbände schreiben, d.h. sie haben Schwierigkeiten mit dem Leben in der artgerechten Tierhaltung. „Diese Hühner können sich schlecht bewegen, wenn sie in den Auslauf kommen. Hühner sitzen ja auch gern auf Stangen, das können sie gar nicht, sie kommen nicht hoch. Durch die Züchtungen wollen wir wieder fitte Hühner hervorbringen, die laufen und springen können“, erläutert Bioland-Sprecher Gerald Wehde.

Durch die gemeinnützige Tierzucht GmbH können die Verbände nach seinen Worten jetzt auch Spenden einwerben, worauf die ökologische Tierzucht in hohem Maße angewiesen ist. Der Staat unterstütze Forschung und Züchtung der ökologischen Verbände in viel zu geringem Maße. „Wir bekommen 1,5% der Mittel, die zur Verfügung gestellt werden, das entspricht noch nicht einmal den 7% der Anbaufläche aller ökologischen Landwirte“, so Wehde. Die Züchtung sei eine „Kernaufgabe“ der ökologischen Landwirtschaft und die „ungerechte Behandlung“ bei den Forschungsgeldern sei von den Verbänden nicht nachzuvollziehen.

Langfristiges Projekt

Die neue Tierzucht gGmbH kann auf bereits vorhandene Projekte zurückgreifen. Die Züchtungsarbeit findet in enger Kooperation mit den Praktikern beider Verbände statt, wo es mit Brütereien, Elterntierhaltern und einzelnen Züchtungsintiativen bereits viel Know-How gebe, betonten die Verbände in ihrer Mitteilung. Die Genetik des für die artgerechte Haltung geeigneten Geflügels findet sich auch im universitären Bereich. „Dort haben sie seit 20 Jahren weitergezüchtet“, berichtet Bioland-Sprecher Wehde.

Die Gründung der Gesellschaft ist aus der Sicht der beiden Verbände ein langfristiges Projekt. Am Ende muss auch der Verbraucher entscheiden, denn „die gezüchteten Rassen werden eine geringere Leistung haben als das Industriehuhn“, so der Bioland-Sprecher. Das heißt, sie leben länger, werden nicht so schnell gemästet und bringen am Ende ein geringeres Gewicht auf die Waage.

Die Züchtungsgesellschaft soll drei Linien in der Geflügelzucht ermöglichen, einmal Legehennen, die sich für die artgerechte Tierhaltung eignen, dann Masttiere und ein sog. Zweinutzungshuhn, bei dem die weiblichen Tiere Eier legen und die männlichen sich auch für die Mast eignen. In dem Zweinutzungshuhn sehen die Verbände auch einen Ausweg aus der massenhaften Tötung der männlichen Küken bei der Zucht von Legehennen. In der gegenwärtig von Biolandwirten praktizierten Bruderhahn-Lösung, bei der die männlichen Küken aufgezogen werden, sieht Bioland-Sprecher Wehde keine langfristige Lösung: „An diesen Bruderhähchnen ist einfach nicht genug dran“. Jährlich werden in Deutschland etwa 45 Millionen männliche Küken geschreddert.

Die gezüchteten Tiere der Gesellschaft sollen die Basis einer bäuerlichen Öko-Geflügelzucht bilden. Auch hier sei es zum Schluss der Konsument, der die Weichen stelle, deswegen sei die Kommunikation im Bereich der Geflügelhaltung auch besonders wichtig. Eier und Geflügel aus bäuerlicher Ökohaltung konkurrierten auch mit den großen Bioproduzenten auf EU-Ebene, z.B. aus den Niederlanden.

Hühnermobil

Gute Erfahrungen hat man bei Bioland mit den sog. Hühner-Mobilen gemacht. Diese Art des fahrbaren Hühnerstalls eigene sich sehr gut für die Direktvermarktung der Landwirte, die Verbraucher könnten die Haltung der Tiere direkt sehen und seien auch bereit, einen höheren Preis für die Produkte zu zahlen. Nach den Richtlinien von Bioland muss den Legehennen jederzeit Auslauf gewährt werden und zwar auf vier Quadratmetern pro Huhn. Diese Fläche wird aber von den Hühnern sehr schnell abgeweidet, so dass das Versetzen des Hühnerstalls eine gute Lösung bietet.

Mit einem Traktor wird das Hühnermobil dann auf ein frisches Wiesengelände gezogen, wenn der alte Auslauf abgeweidet ist. „Wir versetzten die Ställe alle 14 Tage. Auf diese Weise steht den Tieren immer ein attraktiver Auslauf zur Verfügung, der auch intensiv genutzt wird“, erläutert beispielsweise der Biolandbetrieb Penk aus Moringen in Niedersachsen auf seiner Homepage. Die Ställe rotieren mit dem Kleegras durch die Fruchtfolge, d.h. immer da, wo das Kleegras steht, seien auch die Ställe.

Innerhalb von fünf Jahren habe das Hühnermobil die gesamte Hoffläche durchlaufen. „Dadurch haben die Hühner einen sehr geringen Krankheits- und Parasitendruck – man fährt den Parasiten einfach davon! Und von dem Dünger profitiert der Ackerbau. Der Kreislauf ist geschlossen“, schildern die Landwirte den Vorteil dieser Art der Hühnerhaltung. Sie können schon auf Tiere aus einem Bioland-Aufzuchtbetrieb zurückgreifen. In ihren Herden sind auch Hähne integriert, dadurch verändere sich die Sozialstruktur. Außerdem seien die Hähne „wachsam und melden, wenn sich ein Greifvogel nähert“.

Der Penk-Hof hat auch den Hinweis seines Verbandes auf die Bedeutung der Kommunikation ernst genommen, es gibt einen Film über das Leben der Hühner im Hühnermobil auf der Homepage. Auch der Demeter-Hof Marktanner zwischen Wangen und Ravensbrück am Rand des Allgäus wirbt auf seiner Homepage mit seinem Hühnermobil, einer wesentlich kleineren Variante des Stalles aus Holz.

Der Skandal um den Verkauf von falschen Bio-Eiern 2013 hatte die Aufmerksamkeit auf die Geflügelhaltung im Bereich der Bioverbände gelenkt und die Frage aufgeworfen, ob die gemeinsame Haltung von Hunderten von Hühnern im Biobereich noch als artgerecht bezeichnet werden kann.

END/nna/ung

Bericht-Nr.: 150329-01DE Datum: 29 März 2015

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Wachsamer Hahn mit den Hennen
Das Hühnermobil unterwegs<br>Fotos: Magdalena Fröhlich, Bioland e.V.