Nachrichtenbeitrag

Stuttgart 21 vor einem „Ende mit Schrecken“?

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Von NNA Mitarbeiter

STUTTGART (NNA) – 15 Monate nach dem Volksentscheid, bei dem sich 59% der Befragten in Baden-Württemberg für einen Weiterbau des umstrittenen Bahnprojekts Stuttgart 21 ausgesprochen hatten, scheint sich das Blatt in Stuttgart jetzt wieder zu wenden. Rund 8000 Menschen demonstrierten am Samstag gegen Stuttgart 21 unter dem Motto „Endstation – alles aussteigen“. Nach einer TNS-Emnid-Umfrage, die von der Wochenzeitung Kontext und der taz  in Auftrag gegeben wurden, sind nur noch 39% der Baden-Württemberger für das Projekt. In einem Interview mit der Stuttgarter Zeitung hatte auch der Vorsitzende des Verkehrsausschusses des Bundestages Anton Hofreiter (Die Grünen/Bündnis 90) lieber ein „Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende“ gefordert und auf das Berliner Flughafenchaos verwiesen.

Bei der Veranstaltung auf der Demonstration der Stuttgart 21-Gegner appellierten Redner an den Aufsichtsrat der Deutschen Bahn, angesichts der Kostenexplosion einen sofortigen Baustopp für das Projekt zu beschließen. Der Aufsichtsrat tagt Anfang März.

Ein Dossier aus dem Bundesverkehrsministerium hatte Anfang Februar vor weiteren Kostensteigerungen gewarnt und alternative Lösungen gefordert. Bereits jetzt werden die Kosten des Projekts von der Deutschen Bahn mit 6,8 Milliarden Euro beziffert. Durch Finanzierungszusagen von Bahn, Bund und Land sind bisher nur 4,5 Milliarden abgedeckt. Die rot-grüne Landesregierung in Stuttgart hat es bisher strikt abgelehnt, weitere Finanzmittel für das Projekt zur Verfügung zu stellen.

Der Vorsitzende des Bundestagsverkehrsausschusses, Hofreiter, hat eine genaue Prüfung der Verläufe rund um die Kostensteigerung angekündigt und sieht dabei auch den Aufsichtsrat der Deutschen Bahn in der Haftung. Er warf der Bahn vor, die wahren Kosten des Projekts seit Jahren systematisch zu verschweigen. Das Projekt sei „schöngerechnet“ worden, „um die politische Zustimmung zu erschleichen“, sagte Hofreiter gegenüber der Stuttgarter Zeitung.

Das Dossier des Verkehrsministeriums zeige, dass der Vorstand der Bahn schon im Sommer des vergangenen Jahres die erneute Kostenexplosion gekannt habe. Aber erst im Dezember seien der Aufsichtsrat und die Öffentlichkeit informiert worden. In der Zwischenzeit seien sogar weitere Aufträge vergeben und Verträge von Bahnvorständen verlängert worden. „Das ist mehr als fragwürdig. Konkret: das grenzt an Untreue“, sagte Hofreiter. Er warf auch Bundeskanzlerin Merkel und Bundesfinanzminister Schäuble vor, das Projekt um jeden Preis durchziehen zu wollen. Dieser Vorgabe aus Berlin sei auch Bundesbahn-Chef Grube gefolgt, „deshalb wurden keine besseren Ideen und Planungen zugelassen“. Jetzt sei es höchste Zeit, endlich umzudenken.

Auch der Stuttgarter Kommunalpolitiker Johannes Rockenbauch, der für das parteifreie Bündnis SÖS (Stuttgart Ökologisch Sozial) bei der Oberbürgermeisterwahl angetreten war, warf der Bundeskanzlerin bei der Kundgebung reine Machtpolitik in Zusammenhang mit dem Projekt Stuttgart 21 vor. Auf Plakaten der Demonstranten wurde der Tiefbahnhof laut Spiegel online auch als „Merkeldämmerung“ bezeichnet.

Bei der Umfrage von TNS-Emnid wurden vom 18.bis 20.Februar 1500 zufällig ausgewählte Männer und Frauen befragt, die Hälfte in Stuttgart und die Hälfte im Rest von Baden-Württemberg. 54 Prozent der Befragten lehnten das Projekt ab. Nur bei den CDU-Anhängern gab es mit 65% eine eindeutige Mehrheit für Stuttgart 21, so die Veröffentlichung der Wochenzeitschrift Kontext. Die Mehrheit der Befragten unterstütze auch die Position der Landesregierung und der Stadt Stuttgart, sich nicht an den Mehrkosten des Projekts zu beteiligen, schreibt die Wochenzeitung.

END/nna/ung

Bericht-Nr.: 130224-03DE Datum: 24. Februar 2013

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Bauarbeiten für den neuen Hauptbahnhof haben im Februar 2013 begonnen<br>Foto: Bahnprojekt Stuttgart-Ulm
Anton Hofreiter: Lieber ein „Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende“<br>Foto Bündnis 90/Die Grünen