Nachrichtenbeitrag

Soll die Prokon-Übernahme den Kraftwerksbetreiber EnBW retten?

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Von NNA Mitarbeiter

BOCHUM (NNA) – In der Debatte um die Zukunft des insolventen Windparkbetreibers Prokon hat sich jetzt auch die GLS-Bank zu Wort gemeldet. Sie spricht sich für eine Umwandlung von Prokon in eine Genossenschaft aus. Die angebotene Übernahme durch den Karlsruher Energieversorger EnBW (Energie Baden-Württemberg) sieht die Bank kritisch.

Prokon braucht 660 Millionen Euro Eigenkapital, um als Genossenschaft weitermachen zu können. Diese Zahl nannte Insolvenzverwalter Dietmar Prenzlin in einer Information an die Genussrechtsinhaber von Prokon.

Auf der Gläubigerversammlung am 2.Juli in Hamburg müssen die Anleger sowie andere Gläubiger von Prokon über das weitere Verfahren entscheiden.

Durch die Gründung einer Genossenschaft würden die engagierten Kapitalgeber zu stimmberechtigen Eigentümern. Sie könnten eine erfolgreiche Neuausrichtung von Prokon gewährleisten, betonte GLS-Vorstandssprecher Thomas Jorberg. Das Angebot von EnBW, Prokon für 550 Millionen Euro zu kaufen, unterstreiche die Werthaltigkeit und Zukunftsfähigkeit des Windparkbetreibers. Fragwürdig sei allerdings, wie die EnBW das Genossenschaftsmodell öffentlich zu diskreditieren versuche.

Genossenschaft zukunftsweisend

In einem Offenen Brief, der in einer großangelegten Anzeigenkampagne veröffentlicht worden ist, argumentiert EnBW gegen eine Genossenschaftslösung. GLS-Sprecher Jorberg wirft EnBW-Chef Frank Mastiaux in diesem Zusammenhang vor, er warne vor vermeintlichen unternehmerischen Risiken, obwohl die Zeichner der Genussrechte diese bereits getragen haben. Als Genossen hätten sie die Chance, Prokon in einer zukunftsweisenden Struktur weiterzuentwickeln.

Die GLS Bank ist bereits mit Prokon über die Entwicklung verschiedener Projekte im Gespräch und sieht deren Finanzierung „sehr positiv“ heißt es in der Pressemitteilung der Bank. Sie hat seit der Insolvenz im Januar 2014 mehrere Zeichner von Genussrechten sowie „Die Freunde von Prokon e.V.“ beraten, einen Zusammenschluss von mehr als 10.000 Anlegern.

Können sich die Gläubiger für keinen der beiden Pläne erwärmen, wird Prokon zerschlagen, der Insolvenzverwalter verkauft alle Vermögenswerte und treibt Außenstände von Prokon ein. Aus der Sicht der Stiftung Warentest wäre dies für die Gläubiger die „sicherlich am wenigsten attraktive Variante“.

Die Stiftung vergleicht auf ihrer Homepage die vorgeschlagenen Lösungen für Prokon in ihren Auswirkungen auf die Anleger im Einzelnen.

Widersprüchliches Bild

Die GLS-Bank verweist auf das widersprüchliche Bild, das sich hinsichtlich der Wirtschaftslage von großen Kraftwerksbetreibern wie EnBW in den Medien biete und wirft die Frage auf, ob EnBW durch die Prokon-Übernahme möglicherweise gerettet werden soll.

Es wurde berichtet, dass der ehemalige Wirtschaftsminister und Chef der RAG-Stiftung, Werner Müller, vor einer drohenden Zahlungsunfähigkeit großer Kraftwerksbetreiber wie EnBW warnt und eine Teilverstaatlichung der Unternehmen ins Gespräch bringt. Müller fragte: „Ist die öffentliche Hand vorausschauend zu einer Mithaftung bereit, solange die Atomkraftwerksbetreiber noch nicht insolvent sind?“ Er verwies auf die Mitverantwortung des Staates beim Atomausstieg, stellte aber auch „gravierende unternehmerische Fehlentscheidungen“ der Energiekonzerne fest.

Im dem offenen Brief der Anzeigenkampagne schreibt EnBW: „Wir glauben, dass Prokon eine erfolgreiche Zukunft hat, wenn wir – die EnBW – […] die volle Verantwortung übernehmen.“ Dafür wolle EnBW erhebliche Mittel bereitstellen: „Wir werden in den nächsten Jahren 3,5 Milliarden Euro in erneuerbare Energien investieren und weitere 3 Milliarden in Stromnetze. [...]“ Zusammen mit der EnBW könne Prokon seine „Erfolgsgeschichte als Pionier der Windenergie“ fortsetzen, zitiert die GLS-Bank den offenen Brief.

Im Gegensatz dazu stehe, dass EnBW im letzten Jahr rund 450 Millionen Euro Verlust geschrieben habe. Der Kurswert der EnBW-Aktie sei in den vergangenen vier Jahren um rund 40% gesunken. Die Aktionäre hätten dadurch rund 2,6 Mrd. Euro an Wertverlust erlitten.

END/nna/ung

Bericht-Nr.: 150611-02DE Datum: 11. Juni 2015

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Für die Erweiterung des Prokon Windparks Wahnwegen in Rheinland-Pfalz liegt seit Jahresanfang Genehmigungen vor.<br>Foto: www.prokon.net