Nachrichtenbeitrag

„Saatgut ist ein Kulturgut und nicht nur ein Wirtschaftsfaktor“

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Von NNA Mitarbeiter

BERLIN (NNA) – Getreidezüchter Karl-Josef Müller aus Darzau im Wendland ist auf der Internationalen Grünen Woche in Berlin mit dem Förderpreis Ökologischer Landbau ausgezeichnet worden. Die Grüne Woche war auch wieder Anlass zu Massenprotesten gegen die Agrarpolitik der Bundesrepublik.

Müller ist der 18. Demeter-Landwirt, der den Preis des Bundesministeriums für Landwirtschaft und Ernährung erhielt. Zum ersten Mal sei damit aber die Bedeutung der Getreidezüchtung anerkannt worden, betont Demeter.

Demeter-Vorstand Alexander Gerber hob anlässlich der Preisverleihung die gesellschaftspolitische Dimension der Züchtungsarbeit hervor: „Biodynamische Züchtung steht für die Wahrung der Integrität der Pflanze.“ Gerade angesichts zunehmend intransparenter und fragwürdiger Methoden zur Sortenentwicklung in den Laboren von Agrarkonzernen gelte es, fruchtbare Pflanzen, die ihre guten Eigenschaften weiter vererben können, zu fördern. „So bleibt Saatgut Kulturgut und verkommt nicht zum reinen Wirtschaftsfaktor“, unterstrich Gerber.

Auch diesmal kam es bei der Grünen Woche zu Protesten gegen die Agrarpolitik der Bundesregierung. 30.000 Bürger demonstrierten für eine soziale, tiergerechte und ökologische Wende in der Agrarpolitik, sie waren einem Aufruf des Bündnisses „Wir haben es satt“ gefolgt. Angeführt von Landwirten mit Traktoren waren die Demonstranten vor das Kanzleramt gezogen und hatten von der Bundesregierung ein Ende der „Klientelpolitik zugunsten der Agrarindustrie“ gefordert.

Das Bündnis kritisiert besonders das geplante Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA (TTIP). „Hinter verschlossenen Türen verhandelt die EU-Kommission über ein Freihandelsabkommen, das Bauern und Verbrauchern gleichermaßen schadet. Die große Mehrheit der Menschen will keine Chlorhühnchen, kein Hormonfleisch und keine Gentechnik durch die Hintertüre“, sagte Jochen Fritz von „Wir haben es satt.“ Genau das drohe aber, wenn das geplante Freihandelsabkommen abgeschlossen wird.  Zum Bündnis gehören über 100 Organisationen, darunter Landwirte, Imker, Natur-, Tier- und Verbraucherschützer, Entwicklungsorganisationen und Erwerbsloseninitiativen. Auch demeter e.V. hat sich dem Bündnis angeschlossen.

Als erster Bio-Verband hat demeter e.V. Richtlinien für Pflanzenzüchtung entwickelt und zertifiziert biodynamisch gezüchtete Sorten bei Getreide und Gemüse. Sie garantieren eine hohe Nahrungsqualität, besten Geschmack und Unabhängigkeit von Saatgutkonzernen. Preisträger Karl-Josef Müller gehört zu den Pionieren der Getreidezüchtung. Seit über 20 Jahren forscht er mit seinem Team im Wendland an Gerste, Weizen, Hafer, Roggen und seit einigen Jahren auch an Erbsen. Züchtung und Forschung kommen in seinem Betrieb zusammen.

Getreidezüchtungen aus Darzau begegnen den Bio-Kunden als Einkorn in Keksen, Brot, Nudeln und Bulgur, Speisegerste in Tsampa (Gerstenmehl), Lichtkornroggen als Brot, Mehl und Korn, Goldblumenweizen wird gern zur Qualitätsverbesserung von Mehlmischungen verwendet. „Sorten für den Ökolandbau sollten unter ökologischen Bedingungen entwickelt werden“, betont Zücher Karl-Josef Müller. Ein besonderer Schwerpunkt ist die Untersuchung der Bildekräfte der jeweiligen Sorte. Die mit einem Nahrungsmittel verbundenen Lebenskräfte ergeben sich aus den Anbau- und Zuchtmethoden sowie den Selektionsentscheidungen. Die Biodynamische Wirtschaftsweise fördert diese in besonderer Weise.

Die Biodynamische Wirtschaftsweise feiert derzeit ihr 90jähriges Bestehen. Sie setzt gerade auch in der Züchtung Maßstäbe für eine zukunftsfähige Landwirtschaft. Inzwischen sind rund 20 Sorten bereits Demeter-zertifiziert. Ihr Vorteil liege u.a.in ihrer Geschmacksvielfalt dank regional angepasster Sorten, schreibt demeter e.V. , außerdem in einer harmonischen Entwicklung im Kräftefeld von Erde und Kosmos, die durch die biodynamischen Präparate ermöglicht wird.

END/nna/ung

Bericht-Nr.: 140125-02DE Datum: 25. Januar 2014

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Karl Josef Müller bei der Selektionsarbeit im Einkorn<br>Foto: Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz