Nachrichtenbeitrag
Saatgut als Investition in die Zukunft
SALZBURG/DONJI KRALJEVEC (NNA) – Rund 290 Menschen haben sich an Pfingsten durch ihre Teilnahme am Kulturgutexpress 2014 und der Saatgut-Tagung im kroatischen Donji Kraljevec für „Saatgut als Kulturgut“ engagiert.
Die Teilnehmer „tragen nun die Initiative für Lebendigkeit des Saatgutes und Landwirtschaft als Kulturimpuls weiter“, heißt es dazu in einer Pressemittelung der Software AG Stiftung, die die Aktion unterstützt hat. Mit dem Zug und der Tagung sollte an die Begründung der biologisch-dynamischen Landwirtschaft durch Rudolf Steiner vor 90 Jahren im schlesischen Koberwitz erinnert werden. Am Geburtsort Steiners in Donji Kraljevec wurde ein nach ihm benanntes Kulturzentrum an Pfingsten erstmals in Betrieb genommen.
Vollständig ausgebucht war der Kulturgutexpress RST 153 mit 160 Personen in acht Waggons am Freitagabend von Salzburg aus gestartet, an Bord auch die beiden Initiatoren des Kulturgutexpress, Vera Kopehel und Peter Daniell Porsche. Unterstützer waren neben der Software AG Stiftung u.a. demeter e.V., die GLS Treuhand, die Paul Schatz Stiftung, die Firma Sonett und die Zeitschrift INFO 3.
Kulturgutexpress als soziale Plastik
Der Kulturgutexpress definierte sich im Sinn einer sozialen Plastik. Die Mitreisenden waren eingeladen, an einer „zeitgenössischen künstlerischen Prozessgestaltung“ teilzunehmen, schrieb die Software AG Stiftung. Mit künstlerischen und sozial-dynamischen Methoden sollten neue Herangehensweisen an das Thema Saatgut im Austausch mit den Experten gesucht werden.
In den vergangenen Jahrzehnten haben weltweit Chemiekonzerne weitgehend die Kontrolle über das Saatgut übernommen. Es wird im Labor entwickelt, im Wettstreit um Gewinn und die Rechte. Die betreffenden Firmen halten rund 90 Prozent des Marktes. Selbst im Biolandbau sind F1-Hybriden oder komplett pollensteriles CMS-Saatgut eher die Regel als die Ausnahme.
In einer Podiumsdiskussion im Sonderzug wurden die verschiedenen Aspekte des Themas beleuchtet. Am Ende der Aktion stand die Erkenntnis: Um dem Erhalt des Lebendigen beim Saatgut eine Chance zu lassen, braucht es Finanzmittel. Dafür müssen sich alle Teilnehmer der Wertschöpfungskette gleichermaßen engagieren. Von den Mitreisenden kam die Idee, Saatgut durch eine Kulturgutabgabe zu unterstützen.
Investition in die Zukunft
Sebastian Bauer von der Software AG-Stiftung betonte, dass die vielen Spenden und das herausragende Engagement von Organisationen wie dem Saatgutfonds der GLS Treuhand Saatgutforschung und -züchtung ermöglicht hätten. Die Förderung müsse aber aus der „Charity-Ecke“ herausgeholt werden: „Man muss es als Investition in die Zukunft sehen! Jeder Marktpartner sowie die Gesellschaft an sich, also wir als Konsumenten, sollten Interesse daran haben, die Züchtung von samenfesten Sorten im großen Stil zu ermöglichen.“
Mara Müller vom österreichischen Verein für den Erhalt und die Entwicklung der Kulturpflanzenvielfalt „Arche Noah“ erläuterte, dass Saatgut „im Gespräch von Mensch und Pflanze“ entstanden sei. Die Kultur und Bedürfnisse der Menschen hätten das Saatgut geprägt, es sei eine gemeinsame Entwicklung gewesen. „Wie die Prozesse momentan laufen, sind wir derzeit weit davon entfernt, in diesem Sinne Saatgut als Kulturgut weiterzugeben.“ Das Wissen darüber, wie samenfestes Saatgut, das nicht labortechnisch verändert ist, durch züchterische Methoden erhalten bleibt, sei fast verloren gegangen, so Christine Nagel von Kultursaat e.V. Auch den Ausbildungszweig im Rahmen des Gärtnerberufes gebe es nicht mehr.
Lösungen aus der Vielfalt heraus
Bisher sind Neuzüchtungen und Erhalt gängiger samenfester Sorten über Vereine und Stiftungsvermögen finanziert worden. Auch Stephan Illi, der lange Jahre im Vorstand von Demeter Deutschland war, ist sich sicher, dass es nur mit unter Mitwirkung aller Beteiligten Lösungen geben kann.
Der ökologische Landbau stellt hohe Ansprüche an das Saatgut, da standortbedingt unterschiedliche Ansprüche nicht durch den Einsatz von synthetischen Düngemitteln, Pestiziden und Fungiziden eingeebnet werden können und sollen. Vielmehr vereint jede Sorte andere Eigenschaften, sei es die Resistenz gegen bestimmte Schädlinge, die Anpassung an geographische Gegebenheiten oder geschmackliche Besonderheiten. Nur aus dieser Vielfalt heraus können immer wieder neue Anpassungen erfolgen, z.B. an Klimaveränderungen.
Ein Reisebericht zum Kulturgutexpress von INFO3-Chefredakteur Jens Heisterkamp, der im Zug mitgefahren ist, findet sich im Internetportal von INFO3.
END/nna/ung
Bericht-Nr.: 140619-01DE Datum: 19. Juni 2014
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