Nachrichtenbeitrag

„Rheines Wasser“ auf 600 Kilometern hautnah erlebt

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Von NNA-Reporterin Cornelie Unger-Leistner

Extreme sportliche Leistung, verbunden mit einer umweltpolitischen Aktion: Seit dem 28.Juli ist Prof. Andreas Fath von der Hochschule Furtwangen im Rhein unterwegs, den er von der Quelle bis zur Mündung durchschwimmen will. NNA-Reporterin Cornelie Unger-Leistner hat ihn bei einem Zwischenhalt in Mainz abgepasst.

MAINZ (NNA) – Der Rhein vor Mainz ist eine endlos weite Wasserfläche, die durch die Einmündung des Mains noch breiter erscheint. Filigran hebt sich die Eisenbahnbrücke über den Fluss vor dem grauen Himmel ab. Am Fischtorplatz in der Mainzer Innenstadt führen zwischen Landungsbrücken breite Treppenstufen hinunter in den Rhein. Hier stehen schon seit Mittag Menschen mit Regenschirmen und blicken angestrengt stromaufwärts. Gegen ein Uhr werden ihre Blicke belohnt: Ein Kanu und ein mittelgroßes weißes Motorboot nähern sich, dazwischen ein dunkler Punkt im Wasser, um den sich kleine Wirbel bilden.

Prof. Andreas Fath strebt mit kräftigen Kraulzügen durch die Wellen hindurch der Anlandestelle am Mainzer Fischtor zu. Im Hintergrund ziehen große Frachtschiffe vorbei, auch die Wasserschutzpolizei mit ihrem blauen Schnellboot ist präsent. Es ist Halbzeit bei der spektakulären Aktion des Wissenschaftlers, der in zwei Wochen jetzt rund 600 Kilometer Rheinlauf durchschwommen hat. Sportliche Leistung, wissenschaftliche Analyse, Fundraising, Medienwirksamkeit – viele Aspekte hat die Kampagne „Rheines Wasser“, die auf die Kostbarkeit der Ressource Wasser aufmerksam machen und das Bewusstsein effektiven Gewässerschutzes stärken will.

Der bunt bemalte Bus, das Labormobil und nicht zuletzt auch die Familie von Prof. Fath haben am Fischtorplatz in Mainz Stellung bezogen. Auch ca 15 Studierende sind mit ihm unterwegs, sie sorgen für die fachliche und technische Infrastrukur des Projekts. Und natürlich erleben sie Fath, der Hochschullehrer für Physikalische Chemie und Analytik mit Schwerpunkt Umwelttechnik ist, vier Wochen lang aus einer völlig anderen Perspektive als im Hörsaal.

Ankunft am Fischtorplatz

Teammitglieder, interessierte Bürger und Medienvertreter scharen sich um den Hochschullehrer, der wie der Wassermann persönlich barfuß aus den Fluten steigt, nachdem er akribisch alle zulässigen Rheinkilometer durchschwommen hat. Am Abend vorher war er – wie es der Kampagenplan vorsah - schon einmal angekommen, allerdings im Bus der Kampagne. Eine ärztliche Behandlung an der letzten Station Mannheim wegen einer Hautreizung durch seinen Schwimmanzug hatte zu einem längeren Aufenthalt dort geführt und den ganzen Ablaufplan durcheinander gebracht. So wurde nur bis zum ca 20 Kilometer vor Mainz liegenden Nierstein geschwommen und die fehlende Strecke noch am nächsten Tag absolviert. Prof. Fath nutzte die Unterbrechung am Abend für ein Treffen mit seinem Masseur, die Liege war ebenfalls mit zum Fischtorplatz gekommen.

Offensichtlich hege der Wissenschaftler doch ein grundsätzliches Vertrauen in die Qualität der Wasserfluten, bemerkt der Mainzer Bürgermeister Günther Beck (Die Grünen/Bündnis 90) bei der Begrüßung des ungewöhnlichen Besuchers. Ein großer Korb mit dem typischen Mainzer Essen „Weck, Worscht un Woi“ (Brötchen, Wurst und Wein) wurde am Abend überreicht. Pausen mache er unterwegs, wenn es sich anbiete, erläuterte der Wissenschaftler der NNA-Reporterin, z.B. dann, wenn Strecken wegen Hochwasser nicht geschwommen werden dürfen oder an Schleusen. Gegessen werde im mitfahrenden Motorboot oder an Land, wo Faths Familie ihn auch des öfteren mit einem Imbiss erwartet. So auch am Mittag bei der Ankunft am Fischtorplatz, wo Ehefrau Nikola Fath Brötchen und eine Thermosflasche auspackt wie bei einem gemütlichen Familienpicknick.

Fath blickt zufrieden in die Runde, er betont, dass er sich körperlich ganz fit fühlt. Auch mit dem nassen Element ist er bisher zufrieden: Der Rhein sei sauberer geworden, meint er. Er verhehlt aber auch nicht, dass das Schwimmen in der Schiffahrtsstraße schon eine Mutprobe ist: „Wenn die großen Containerschiffe mit ihren Bugwellen auf mich zukommen, ist das schon nicht so ohne...“ Auf der Homepage, die die Medienstudenten in seinem Tross für die Aktion entwickelt haben, steht dann auch bei den einzelnen Etappen die Warnung: „Bitte nicht mitschwimmen“. Kalt ist das Wasser nicht, so um die 20 Grad heute, schätzt Fath. Jeden Tag nehmen er und sein Team Wasserproben, die zum Teil schon direkt vor Ort mit einem Schnelltest ausgewertet werden.

Anne Jenner, akademische Mitarbeiterin und Masterstudentin im Fach Medical diagnostic technologies, führt die Tests im Wohnmobil des Projekts durch.

„Bisher gibt es nichts zu beanstanden, alles liegt im Normbereich. Das sagt aber nichts über die längerfristigen Analysen aus“, erläutert sie. Bei den Schnelltests werden Nitrat, Phosphat, chemischer und normaler Sauerstoff sowie die Trübung des Wassers untersucht, die durch Sand oder durch anorganische Stoffe verursacht sein kann. Weitergehende Analysen, die auch für andere Institute durchgeführt werden, gelten z.B. Mikroplastik oder Mikroorganismen im Wasser. Ein sogenannter Passivsammler, eine Membran, den Prof. Fath an sich trägt, kann auf Hunderte von Stoffen hin ausgewertet werden, auch bisher noch unbekannte Chemikalien im Wasser kann man so aufspüren.

Umfassende Beprobung

Bis zum wissenschaftlichen Wassersymposion in November werden dann alle Ergebnisse der Proben vorliegen, die im Rhein von der Quelle bis zur Mündung gesammelt worden sind. Eine derart umfassende „Beprobung“ auf mehr als 1.200 Flusskilometern habe es bisher nicht gegeben, wird auf der Homepage des Projekts betont. Das Symposion wird von der Firma Hansgrohe SE veranstaltet, dem Hauptsponsor von Prof. Faths Projekt, das von über 40 Firmen und Institutionen unterstützt wird. Bis zum Symposion soll auch der Dokumentarfilm fertig sein, den Studierende des Fachs Mediengestaltung drehen, die ebenfalls zum Team gehören.

Der 1965 im pfälzischen Speyer geborene Fath hat sich ein Jahr lang auf das große Schwimmen vorbereitet. Darauf angesprochen, warum er auf seiner Tour vor allem krault, meint er : „Weil es am effektivsten ist – wenn man es kann. Ich übe ja schon seit 40 Jahren....“ Von Jugend an ist er ein begeisterter Langstreckenschwimmer. Während diese Zeilen geschrieben werden, krault Prof. Fath gerade am Deutschen Eck in Koblenz vorbei, wie sich aus dem live-tracking im Internet entnehmen lässt. 481 Kilometer liegen noch vor ihm, 16 der insgesamt 25 Etappen bis zur Mündung des Rheins hat er jetzt hinter sich.

Die letzte Etappe zwischen Mainz und St. Goar war eher untypisch, da die Mainzer Wasserschutzpolizei wegen des Mittelrheintals rund um die Loreley nicht mit sich reden ließ: Keine Ausnahme vom Schwimmverbot zwischen den gefährlichen Klippen. So musste Fath den sagenumwobensten aller deutschen Felsen im Begleitboot passieren. Ob das Loreleylied dabei gesungen worden ist, ist nicht bekannt. Sicherlich gilt aber – abgewandelt - für alle Mitreisenden die Zeile daraus: „Ein Märchen aus modernen Zeiten, das geht mir nicht aus dem Sinn.....“

END/nna/ung

Hinweis: Am 16. August wurde im 6. Absatz berichtigt, dass der Mainzer Bürgermeister  Günther Beck Politiker der Partei Die Grünen/Bündnis 90 ist – statt SPD wie anfänglich berichtet. 

Bericht-Nr.: 140815-01DE Datum: 15. August 2014

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Noch ist er nur ein dunkler Punkt in the Wellen des Rheins ...
... aber bald steigt Prof. Andreas Fath am Mainzer Fischtor aus den Fluten.
Mit der Ankunft in Mainz ist die halbe Strecke geschafft.
Akademische Mitarbeiterin Anne Jenner führt die Tests an den Wasserproben durch.<br>Fotos: Cornelie Unger-Leistner