Nachrichtenbeitrag
Ramadan als Zeit der Selbstdisziplinierung kein Hinderniss im Schulalltag
Der deutsche Islamrat widerspricht der Auffassung, dass Fasten im Ramadan ein Hindernis im Schulalltage darstellt. Die muslimischen Fußballprofis in der Europameisterschaft umgehen das Problem indem sie die Fastenzeit verschieben.
KÖLN (NNA) – Für die rund vier Millionen Muslime in Deutschland hat am 5. Juni der Fastenmonat Ramadan begonnen. Da die Frage des Fastens für muslimische Schüler am Ende des Schuljahrs und in der Zeit von Tests und Klassenarbeiten eine Rolle spielt, hat der Islamrat e.V. in Köln eine Broschüre zum Thema Fasten und Schulbesuch jetzt neu aufgelegt. Sie kann auf der Homepage des Islamrats heruntergeladen werden.
Der Islamrat eV. (IR) ist einer der islamischen Dachverbände in Deutschland, außerdem gibt es u.a. noch die größere Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion e.V. und den kleineren Zentralrat der Muslime in Deutschland.
In der Broschüre widerspricht der Islamrat der Auffassung, dass Kultur und Religion der Schüler ein Hindernis für den Schulalltag darstellen. Das Grundgesetz garantiere in Art 4 nicht nur die Glaubens-, Gewissens- und Bekenntnisfreiheit, sondern auch die ungestörte Religionsausübung. Dazu gehöre auch das Recht des Einzelnen, sein Verhalten an den Lehren seines Glaubens auszurichten.
Für die Muslime hat das Fasten im Ramadan von der Morgendämmerung bis zum Sonnenuntergang die Bedeutung eines Gottesdienstes, es stellt neben den täglichen Gebeten und der Pilgerfahrt, der Hadsch eine der sogenannten fünf Säulen des Glaubens dar.
Spirituelle Bedeutung
Das Gebot des Fastens ist für alle Muslime bindend, die als mündig angesehen werden können, das heißt, auch Jugendliche nach der Pubertät sind einbezogen, betont der Islamrat in der Broschüre. Hervorgehoben wird auch die spirituelle Bedeutung der Fastenzeit, das nicht nur dem Verzicht auf Essen und Trinken, sondern auch „der Selbstdisziplinierung und dem Sich-Fernhalten von allem Verwerflichen“ diene. Ziel sei es, sich am Ende des Monats „von schlechten Alltagsgewohnheiten befreit zu haben und sich über die einen problematischen Wesenszüge und deren Konsequenzen klar geworden zu sein“, schreibt der Islamrat.
Ausgenommen vom Fasten seien nur Reisende, Kranke und solche, „die es nur mit größter Schwierigkeit könnten“. Unter der letzteren Kategorie sind vor allem alte und chronisch kranke Menschen zu verstehen, außerdem schwangere und stillende Frauen.
Für Kinder habe die Zeit des Ramadan eine „prägende Wirkung“. Sie werde mit Spannung erwartet, denn sie schaffe ein Gemeinschaftsgefühl und „steht im Jahreskreis für die Erinnerung an das Wesentliche.“ Viele Erwachsene dächten gern an den Tag zurück, an dem sie zum ersten Mal gefastet haben. Jeder Abend sei ein „Fest mit Eltern, Nachbarn, Verwandten und Bekannten“, die zum fastenbrechenden Essen nach Sonnenuntergang zusammenkommen. Den Ramadan sieht der Islamrat als einen „sehr wohlwollenden Erzieher ohne viel Worte.“
Kein Hindernis
Jugendliche wie Erwachsene profitierten vom psychologischen Nutzen des Fastens und es stelle von daher kein Hindernis für den Schulalltag dar. Wichtige Prüfungen fänden meistens in den Vormittagsstunden statt. Hinsichtlich von Sportunterricht am Nachmittag sollte es Möglichkeiten geben, diese Problematik im Gespräch mit den Verantwortlichen zu lösen. Schüler seien im Ramadan wie auch Menschen im Arbeitsprozess mit einer verkürzten Nachtruhe konfrontiert, der Islamrat empfiehlt ein Ausruhen am Nachmittag oder vor dem abendlichen Essen.
Aufgrund des Mondkalenders der islamischen Zeitrechnung verschiebt sich der Ramadan in jedem Jahr um zehn bis elf Tage, in den nächsten Jahren fällt der Fastenmonat ganz oder teilweise in die Sommerferien.
Sportprofis wie die muslimischen Mitglieder deutschen Fußballnationalmannschaft verschieben das Fasten bis nach der Europameisterschaft. Seit 2010 gibt es dazu ein Gutachten der Kairoer Al-Azhar-Universität, das es den Profis erlaubt, die Fastenzeit nachzuholen.
Es war vom Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) und dem Deutschen Fußballbund (DFB) in Auftrag gegeben worden. In der Nationalmannschaft gibt es vier muslimische Spieler: Mesut Özil, Sami Khedira, Emre Can und Shkodran Mustafi. Auch die muslimischen Mitglieder der französischen Nationalmannschaft verzichten Medienberichten zufolge während der Europameisterschaft auf das Fasten.
END/ung/nna
Bericht-Nr.: 160623-02DE Datum: 23. Juni 2016
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