Nachrichtenbeitrag

Neue UN-Prinzipien sollen arme Bankkunden schützen

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Von NNA-Korrespondentin Cornelie Unger-Leistner

BOCHUM/BERLIN/BRÜSSEL (NNA) - Durch weltweite Richtlinien sollen die Banken veranlasst werden, mit armen und benachteiligten Bevölkerungsgruppen fair umzugehen. Dies ist das Ziel der UN Principles for Investors in Inclusive Finance (PIIF), die Anfang dieses Jahres in Kraft traten. Außerdem fordert die EU-Kommission ein Grundrecht auf Finanzdienstleistungen, weil auch in der EU Millionen von Bürgern ein Konto verweigert wird. Die GLS Bank in Bochum hat jetzt als erste deutsche Bank die PIIF-Prinzipien der UNO unterzeichnet.

Die Prinzipien wurden von der niederländischen Prinzessin Maxima, einer Expertin für den Mikrofinanzsektor, und einer Gruppe von Non-Profit-Organisationen verfasst. Sie haben zum Ziel, die Leistungen des Finanzsektors für arme Teile der Bevölkerung sowie Mikro- und Kleinstunternehmen im Sinne der Kunden zu gestalten und sie vor Übervorteilung zu schützen. Dazu gehören u.a. die Berücksichtigung von sozial-ökologischen Standards, eine faire Zusammenarbeit und umfassende Transparenz.                                

Bisher haben nach Angaben der internationalen Genossenschaft Oikocredit weltweit 40 Investoren die Prinzipien unterzeichnet. Auch Oikocredit gehört dazu. „Wir planen, mit anderen Unterzeichnern in Dialog zu treten und die Kriterien für ein verantwortungsvolles Investieren mit zu gestalten,“ betonte dazu der Vorstandssprecher der GLS-Bank, Thomas Jorberg. Die GLS-Bank freue sich, in Deutschland mit gutem Beispiel voranzugehen.

Die GLS Bank baut seit Anfang 2010 im Auftrag der Bundesregierung ein flächendeckendes Mikrokreditangebot mit großem Erfolg aus. Die Nachfrage übertrifft nach Angaben der Bank alle Erwartungen: Es wurden bereits doppelt so viele Kredite vergeben wie ursprünglich geplant.

Das Mikrofinanzwesen hat sich in den letzten Jahren zu einem wichtigen Instrument auch in der internationalen Zusammenarbeit entwickelt. Vor allem im Kampf gegen die Armut wurden weltweit große Hoffnungen auf die Vergabe von Kleinstkrediten gesetzt. Eine starke Kommerzialisierung des Mikrofinanzsektors in einigen Ländern wie Indien führte jedoch zu einer Überschuldung der Betroffenen, die sogar Selbstmorde zur Folge hatte und weckte Zweifel am Sinn der Mikrokredite. Nun soll ein internationales Gütesiegel für das Mikrofinanzwesen dabei helfen, solche Fehlentwicklungen einzudämmen.

Auf einem Symposion in Berlin auf Einladung der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) diskutieren Anfang Juli Experten über das Thema. Das eigentliche Ziel des Mikrofinanzwesens, Menschen aus der Armut zu helfen, sei einigen Akteuren abhanden gekommen, kritisierte dabei Ben Simmes, Direktor des Sozialen Wirkungsmanagements beim Entwicklungsfinanzierer Oikocredit. Er forderte die Finanzbranche auf, für eine bessere Balance zwischen finanziellem und sozialem Gewinn zu sorgen. „Wir setzten uns auch dafür ein, dass branchenweite Standards wie Kundenschutzrichtlinien und die UN-Richtlinien für Inclusive Finance flächendeckender eingeführt werden,“ betonte Simmes.

Dr.Tilman Ehrbeck, Geschäftsführer des unabhängigen Politik- und Forschungsinstituts CGAP, Washington (USA) vertrat die These, Mikrofinanz verringre Armut dann, wenn das richtige Finanzprodukt am richtigen Ort den richtigen Empfänger erreiche. Er wies darauf hin, dass weltweit rund 2,7 Milliarden Menschen keinen Zugang zu formellen Finanzdienstleistungen hätten. Ein funktionierendes Finanzsystem sei zudem als wichtiger Bestandteil der Infrastruktur eines Landes zu sehen. 

Nicht nur in den Entwicklungsländern stellt der Umgang der Finanzdienstleister mit benachteiligten und armen Bevölkerungsgruppen ein Problem dar. Die EU-Kommission schätzt, dass rund 30 Millionen EU-Bürger kein Bankkonto haben. Sieben Millionen von ihnen hätten sich bereits vergeblich bemüht, ein Bankkonto zu eröffnen. Die Banken verwehren dies auch in Deutschland oft Personen, die kein geregeltes Einkommen oder keinen Wohnsitz haben oder überschuldet sind. Die EU-Kommission fordert daher jetzt ein Grundrecht auf Bankdienstleistungen. Die 27 EU-Regierungen sollen Brüssel bis zum Juli 2012 mitteilen, wie sie dieses Problem lösen wollen, damit alle EU-Bürger Zugang zu Basisleistungen des Finanzsektors wie Überweisungen und Abheben von Bargeld haben.

Für den Fall, dass keine Lösungen aufgezeigt würden, drohte EU-Binnenmarktkommissar Michael Barnier mit verbindlichen Vorgaben aus Brüssel. Verbraucherschützer auch in Deutschland zeigten sich enttäuscht, dass Brüssel nicht gleich eine Gesetztesinitiative vorgelegt hat. Sie fordern schon lange eine Verpflichtung der Banken, jedem Bürger ein Konto zur Verfügung zu stellen. Die Verweigerung eines Bankkontos schneide Menschen von der Teilhabe am öffentlichen Leben ab, argumentieren sie. Kein Arbeitgeber sei mehr bereit, Lohn und Gehalt bar auszuzahlen und auch Vermieter akzeptierten meiste kein Bargeld.

End/nna/ung

Bericht-Nr.: 110724-01DE Datum: 24. Juli 2011

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