Nachrichtenbeitrag

Marshall Rosenberg im Alter von 80 Jahren verstorben: „Er hätte den Friedensnobelpreis verdient“

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Von NNA Mitarbeiter

ALBUQUERQUE/USA (NNA) – Marshall Rosenberg, der Begründer der Gewaltfreien Kommunikation (GFK) ist am 7 .Februar in Albuquerque/ New Mexico verstorben. Sein Wirken hätte den Friedensnobelpreis verdient, so sein Biograf Al Weckert.

Rosenberg sei vielen Menschen Inspiration, Vordenker und Vorbild gewesen, schreibt der Fachverband Gewaltfreie Kommunikation auf seiner Homepage. „Das Modell und die Haltung der Gewaltfreien Kommunikation war sein Lebenswerk. Mit allen Menschen, die es leben und weitergeben, besteht es fort“.

Wer einen Nachruf in den Medien sucht oder eine andere Würdigung des Werks dieses gerade für die heutige Zeit so wichtigen Psychologen, tut dies eher vergebens. Mit Informationen zu seinem Leben ist Rosenberg auch sparsam umgegangen. Al Weckert hat „Bausteine einer Biographie“ zusammengetragen.  

Rosenberg wurde am 6.Oktober 1934 in Ohio in einer jüdischen Familie geboren. 1943 zog sie nach Detroit, wo sie in einem problematischen Viertel unterkam. Bereits als Kind machte Rosenberg Erfahrungen mit alltäglicher Gewalt z.B. durch Rassenkrawalle. Er musste lernen, sich auf der Straße zu behaupten. 1950 zogen die Rosenbergs in einen friedlicheren Stadtteil, Marshall hatte mehrere Krankenhausaufenthalte nach Schlägereien hinter sich. Früh befasste er sich mit der Frage nach dem Ursprung von Gewalt. Ein Vorbild wurde ihm sein Onkel Julius. Seine Apotheke lag auch in einem armen Stadtviertel, der wurde aber nie beraubt, weil er allen, die sein Geschäft betraten, stets mit Empathie begegnete.

Rosenberg galt als hochbegabt. Eine Hausarbeit zum Thema Kriminalpsychologie brachte ihn dazu, Psychologie zu studieren. Er besuchte die Universitäten Michigan und Wisconsin. Sein Image blieb – so Weckert – in seinen Studienjahren das eines „bad boy“ und Rebellen. Durch die Begegnung mit dem Soziologie-Professor Michael Hakeem und dessen Kritik an der klinischen Psychologie kamen Rosenberg Zweifel an seinem Studium und er suchte eine neue Orientierung. Er fand sie im Werk von Carl Rogers, der durch seine Technik des aktiven Zuhörens und der klientenzentrierten Gesprächstherapie bekannt geworden war.

Rogers nahm Rosenberg 1960 in ein Forschungsprojekt zum Thema Effizienz von Therapien auf. Die Ergebnisse verwiesen auf die Bedeutung von Empathie, Aufrichtigkeit und Authentizität für den Heilungsprozess. Therapieformen wie die Psychoanalyse, in denen der Therapeut den Klienten dominiert, wurden infrage gestellt.

1961 verließ Marshall die Universität als Doktor im Fach klinische Psychologie. Er wurde Teilhaber einer Praxis in St. Louis, heiratete seine Frau Vivian und hatte drei Kinder. Auf der ersten amerikanischen Konferenz für Familientherapie stellte er seine Arbeitsweise vor, die die wahrhaftige Mitmenschlichkeit ins Zentrum des therapeutischen Prozesses rückte und auch die Familienmitglieder des Patienten einbezog.

Gewaltfreie Kommunikation

In den 60er Jahren kam es zum Zerwürfnis mit seinen Praxispartnern und auch zur Scheidung von seiner Frau. Ein Wanderleben durch die USA begann. Er trampte von Ort zu Ort, von Workshop zu Workshop. Wichtig für ihn wurde auch die Pädagogik des Brasilianers Paulo Freire. Aus dem Wunsch heraus, die Menschen zu befähigen, konstruktiv für die Erfüllung ihrer Bedürfnisse einzutreten, habe er die Gewaltfreie Kommunikation Ende der 60 Jahre entwickelt, schreibt Weckert. In den folgenden Jahrzehnten wurde das Konzept immer weiter entwickelt.

1984 gründet Rosenberg in Sherman,Texas das Center for Nonviolent Communication (CNVC). Dort führte er auch die bekannten Handpuppen ein, Schakal und Ente, später Giraffe und Wolf, die seine Darstellungen zur Kommunikation bildhaft ergänzten. Seine zweite Frau Gloria beeinflusste das GFK-Modell, Biograf Weckert spricht von einer „Feminisierung“ des Modells. Annie Mueller habe Rosenberg Anfang der 80er Jahre auch auf den spirituellen Gehalt seiner Arbeit aufmerksam gemacht, der ihm selbst gar nicht bewusst gewesen sei: „Empathie kann Wunder bewirken. Diese Kraft ist immer da und man kann sich mit ihr zu jeder Zeit verbinden.“

Nach Deutschland kam Rosenberg erstmals 1985 auf Einladung des Arbeitskreises Friedenserziehung. Der Durchbruch für die GFK in Deutschland kam durch einen Auftritt von Rosenberg auf dem Evangelischen Kirchentag 1992. 2001 erschien sein Buch „Gewaltfreie Kommunikation. Eine Sprache des Lebens.“ Jahre ununterbrochener Reisetätigkeit folgten, in denen sich die GFK unablässig verbreitete.

Aus gesundheitlichen Gründen zog sich Rosenberg 2011 dann ins Privatleben zurück.

Das GFK-Modell beeinflusste soziale Bewegungen, die sich mit Konfliktvermittlungen befasst haben. Inzwischen werde die GFK auch in den Personalabteilungen von Wirtschaftsunternehmen geschätzt, betont Biograf Weckert. Auch ohne den Friedensnobelpreis stehe Marshall Rosenberg „in einer Reihe der großen Persönlichkeiten des 20.Jahrhunderts.“ Sein Lebenswerk breite sich unablässig weiter aus und trage immer weiter zur Entwicklung des menschlichen Bewusstseins bei.

END/nna/ung

Bericht-Nr.: 150312-05DE Datum: 12. März 2015

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Foto: www.empathie.com/al-weckert-texte/marshall-rosenberg-biografie