Nachrichtenbeitrag

„Irreparable Verletzung durch Ölbohrungen“

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Von NNA Mitarbeiter

PUERTO DEL CARMEN /LANZAROTE (NNA) – Die Entscheidung der spanischen Regierung, die Ölbohrungen im Küstenbereich der kanarischen Inseln zu genehmigen, stößt auf großen Protest bei der Bevölkerung der Inseln. Auf Lanzarote wird z.B. die einzige Tankstelle der Firma Repsol auf der Insel boykottiert, berichtet Robert Schmid, der Präsident der Fundación Antroposófica aus Puerto del Carmen.

Im Juni hatten auf den Kanaren rund 250.000 Bewohner aller Kanareninseln gegen die Bohrungen protestiert, eine Demonstration, über die in den internationalen Medien wenig berichtet worden ist, obwohl die Kanaren zu einem der beliebtesten Urlaubsziele Europas gehören. Bisher haben über 214.000 Menschen die Petition gegen die Ölbohrungen unterschrieben, die auch von den großen Umweltorganisationen unterstützt wird.

Das Vorgehen im Zusammenhang mit der Ölförderung unmittelbar im Küstenbereich der kanarischen Inseln entspreche dem „rein profitorientierten, verantwortungslosen und verachtenden Umgang mit unserem Planeten“, erklärt Schmid gegenüber NNA. Die für die Genehmigung erforderliche Gesetzesänderung sei von der Lobby in kürzester Zeit vor der Sommerpause im letzten Jahr in Madrid in aller Stille durchgepeitscht worden. „ Damit war die Sache eigentlich entschieden und alle folgenden Aktivitäten der Bevölkerung dagegen – wie leider fast überall – eigentlich eine Farce. Für die Betroffenen gibt es aber keine Alternative, sie müssen sich wehren“.

Ausgedient

Für Fundación-Präsident Schmidt hat die Entscheidung, vor dem Biosphärenreservat Lanzarote nach Öl zu Bohren exemplarischen Charakter. Eine kürzlich veröffentlichte Studie von Forschern an den Universitäten Maryland und Minnesota in den USA, die von der NASA mitfinanziert wurde, mit dem Tenor „Die Menschheit ist am Ende“ zeige, dass das „Modell Menschheit“ ausgedient habe. Nach dieser Studie sei der Kollaps nicht zu vermeiden, wenn keine grundlegenden Veränderungen eintreten. „Das Denken der gegenwärtigen Gesellschaften wird aber von ‚Eliten’ bestimmt, die ausschließlich vom Profitinteresse gelenkt werden und ihm dienen“, So werde neues Denken bisher erfolgreich verhindert.

Für einige Geowissenschaftler sei ein neues Zeitalter bereits angebrochen, das Anthropozän. Die „Anthroturbation“, das Wühlen des Menschen im Boden, habe die Erde grundlegend und auf Dauer verändert. „Wir sehen die Parallelwelt unter unseren Füssen nicht, doch sie wird für immer so bleiben“ zitiert Schmid den Geoforscher Mark Williams von der University of Leicester. Vor diesem Hintergrund erscheinen die Vorkommnisse vor den Küsten Lanzarote nur wie der berühmte „Tropfen auf den heißen Stein“, aber für die ohnehin „verblutende“ Erde seien sie eine zusätzliche, gravierende – irreversible – Verletzung und für die Menschen in diesem geographischen Bereich eine existenzielle Bedrohung, betont Schmid.

Verletzung der Erde

Die Bohrung selbst finde im kritischen Tiefenbereich statt, in der auch die Ölkatastrophe im mexikanischen Golf ausgelöst worden sei. Vollmundig werde behauptet, man habe die Risiken technisch im Griff, aber per se sei dies eine „tiefe Verletzung der Erdschicht“. Falls eine Ölkatastrophe wie in Mexico eintrete und die Küste und die Umwelt nachhaltig mit einem Ölteppich verunreinigt würden könne die Insel Lanzarote eigentlich „nur noch geschlossen“ werden, meint Schmid.

Mit diesem Szenario im Hintergrund sei verständlich, dass die Bewegung auf den Inseln „¿Petroleo? NO“ einen immensen Zulauf hat und von fast der gesamten Inselbevölkerung unterstützt wird. Jeder sei sich seiner Ohnmacht bewusst, trotzdem entstünden immer wieder neue Ansätze, den Protest zum Ausdruck zu bringen. Der totale Boykott der Repsol-Tankstelle auf Lanzarote sei für Repsol zwar nicht mal ein kleiner Nadelstich, aber er dokumentiere die Haltung der Lanzarotenos zur Ölbohrung.

Hätte sich in den beginnenden Boomzeiten vor gut 30 Jahren ein Bewusstsein entwickelt, dass z.B. für alle kanarischen Inseln ausschließlich Solar-, Wind- und Geothermische Energie zugelassen hätte, wäre Öl – wie auch in vielen anderen Gegenden auf der Welt – kein Thema mehr. „Also gilt es, das Denken zu verändern, in der Hoffnung: Es ist nie zu spät! Und daran arbeitet die Stiftung mit all´ ihren Kräften…“, betont ihr Präsident.

END/nna/ung

Bericht-Nr.: 141022-02DE Datum: 22. Oktober 2014

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Die Bevölkerung der Kanaren fürchtet eine Katastrophe wie im Golf von Mexiko, nachdem Ölbohrungen im Küstenbereich der Inseln das grüne Licht bekommen haben<br>Foto: Cheryl Casey / Shutterstock.com