Nachrichtenbeitrag
Flutkatastrophe in Thailand mahnt Umdenken an
Während sich Thailand noch von der politischen Krise des Jahres 2010 erholte, fegte 2011 die seit Generationen schlimmste Flutwelle über zwei Drittel des Landes hinweg. Es gab über 600 Tote. Mehr als sechs Millionen Hektar Land wurden überschwemmt. Die Prognose des geschätzten Schadens liegt laut der World Bank bei 45 Milliarden US Dollar (33 Milliarden Euro). Im folgenden Artikel beschreibt die Anthroposophical Group Thailand die Folgen der Flutwelle.
BANGKOK (NNA) – Im Juli fing im Norden Thailands alles an: Aufgrund einer ungewöhnlich schweren Monsunsaison ertränkten ungeheure Wasserfluten Provinz um Provinz im Flachland von Zentralthailand auf ihrem Weg zum Meer. Im Oktober schließlich erreichte die Flut die Hauptstadt Bangkok.
Die Panyotai Waldorfschule liegt in einem nördlichen Vorort der Hauptstadt und galt als stark gefährdet. Glücklicherweise hielten uns Freunde aus dem Katastrophenzentrum über die Situation auf dem Laufenden. Das erlaubte uns, rechtzeitig Vorkehrungen zu treffen. Mitarbeiter- und Elterntreffen wurden Mitte Oktober umgehend einberufen, damit sie die Nachrichten - verbunden mit dem Rat zur Evakuierung - weitergeben konnten.
Die meisten folgten dankbar dem Rat. Die Warnung wurde auch an Freunde und Kollegen übermittelt. Als das Flutwasser uns schließlich erreichte und die Schulhöfe unter sich begrub, blieben die höher gelegenen Gebäude sicher und trocken. Viele Elternhäuser wurden trotzdem überflutet.
Die Traidhaksa Schule, der Baan Rak Kindergarten und die heilpädagogische Schule Tonrak, die in anderen Teilen Bangkoks außerhalb der Reichweite der zerstörerischen Ströme liegen, wurden von der Flut verschont, die ganze Gemeinden im Norden und Westen zerstört hat.
Obwohl Dämme errichtet wurden, um die Hauptstadt vor dem Eindringen des Wassers zu schützen, war die Kraft der Flut stärker und konnte nicht wirklich aufgehalten werden. Bezirk um Bezirk fiel der Flut zum Opfer, bis sich halb Bangkok in einen Sumpf verwandelt hatte, unaufhaltbar flossen die Wassermassen weiter in die Stadt. Täglich wurden neue Evakuierungs-zonen eingerichtet und mehr Straßen geschlossen.
Die Menschen standen unter einer enormen Anspannung und waren mehr als bestürzt über das Krisenmanagement, das mehr politisch als effizient gehandelt hat. So waren sich die Menschen unsicher, ob das Desaster nun eher natürlicher oder menschlicher Art war. Inmitten des Konflikts, ihrer Verwirrung und der unseriösen Berichte und Schätzungen von Experten und Behörden gerieten die Menschen in eine hoffnungslose Lage und fühlten sich im Stich gelassen, so dass ihnen nichts anders übrig blieb, als sich selbst zu retten.
Viele Wohngebiete standen wochenlang knietief oder sogar hüft- und brusthoch unter Wasser. Das trübe Wasser verweilte hartnäckig. Viele gestrandete Bewohner brauchten dringend Nahrungsmittel, Trinkwasser und Medikamente. Die öffentlichen und freiwilligen Maßnahmen schienen niemals alle erreichen zu können.
Gemeinsame Anstrengungen linderten die Not der Opfer. In Zeiten von Naturkatastrophen kommt das Beste im Menschen zum Vorschein, was durch spontane öffentliche Unterstützung für die Fluthilfe bestätigt wird. Eltern, Schüler und Mitarbeiter der Panyotai Schule steuerten etwas bei, sie kochten Mahlzeiten, schnürten Hilfspakete und stellten Bälle mit EM her, das sind Effektive Mirkoorganismen, die helfen kontaminiertes Flutwasser zu desinfizieren.
Wie bei anderen Naturkatastrophen haben Schüler und Mitarbeiter der Schule eine wichtige Rolle gespielt. Sie haben Erste Hilfe Sets für die Rote Kreuz Gesellschaft Thailands gepackt. Dieses Mal hatten sie noch mehr Hilfsanfragen vom Thai Roten Kreuz.
Weil uns klar war, dass aufgrund des Ausmaßes der Katastrophe unzählige Flutopfer ohne rechtzeitige Warnung und ausreichend Hilfe vom Staat ohne Nahrungsmittel und Wasser in ihren Häusern eingesperrt waren, hat die Schule mit anderen Organisationen aus verschiedenen Gemeinden ein Netzwerk gebildet, um den Flutopfern Nahrungsmittel und Notwendigkeiten zu liefern. Da die Schuleltern dank der rechtzeitigen Warnung gerettet werden konnten, war es ihnen möglich, sich aktiv an der Finanzierung und Auslieferung von Lastwagenladungen mit Nahrungsmitteln für die Flutopfer zu beteiligen.
In der Zwischenzeit spendeten die Eltern und Mitarbeiter der Traidhaksa Schule, besorgten traditionelle Heilmittel und leiteten eine Musiksession in einem Evakuierungs-zentrum. Ärzte, die auf anthroposophischer Grundlage arbeiten, stellten gemeinsam mit der Alternative Medical Group den Flutopfern alternative medizinische Versorgung bereit.
Obwohl das Flutwasser in manchen Bereichen zurückgegangen ist, blieben einige Wohngebiete im Großraum Bangkok und in den angrenzenden Provinzen lange unter Wasser. Der Beginn des zweiten Schulhalbjahres wurde in den überfluteten Provinzen wiederholt von Ende Oktober bis Anfang Dezember verschoben.
Welche Botschaft sendet uns nun diese Megakatastrophe, die mit dem Klimawandel in einer sich erwärmenden Welt, mit der Umweltzerstörung und der blinden Urbanisierung zusammenhängt? Mit der Flut wurde uns die Frage des Umweltschutzes vor die Füße gespült, auf die wir dringend aufmerksam werden müssen.
Traditionellerweise glauben wir, dass Wasser die heilige Macht hat, die Dinge rein zu waschen und einen sauberen Neuanfang einleitet. Gerade, weil auch Zentralthailand mit Bangkok und damit das Herz unseres Landes so stark betroffen war, wurden wir daran erinnert, dass gerade das Herz gereinigt werden muss, wenn sich neues Bewusstsein entfalten soll. Politische Zerrissenheit und soziale Spaltung müssen Platz machen für Zusammenhalt und Mitgefühl.
Die aktuelle Krise kann jedem einzelnen helfen, das zu erkennen. Er kann seine Lektion lernen, mehr auf seine Beziehung zur Natur und zu seinem Gegenüber zu achten. Es wird nicht vergebens sein und das Land bekommt die Chance eines Neuanfangs, die nicht mit der nächsten Flut hinweggewaschen werden kann.
END/nna/cva/lml
Bericht-Nr.: 120123-03DE Datum: 23. Januar 2012
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