Nachrichtenbeitrag
England: Große Defizite bei Betreuung der Kleinsten gerügt
LONDON (NNA) – Die englische Bildungspolitik trägt den Bedürfnissen der frühen Kindheit nicht ausreichend Rechnung. Dies hat die Kampagne „Rettet die Kindheit“ jetzt kritisiert, die gegen den zunehmenden Abbau von Rechten und Freiheiten von Kindern in Großbritannien kämpft.
Über das politische Spektrum aller Parteien hinweg habe man Einigkeit erzielt, dass die Betreuung in der frühen Kindheit für die Kinder ein entscheidender Zeitraum ist, den es zu fördern gilt, auch um den Müttern den Wiedereinstieg in den Beruf zu ermöglichen, schreibt die Organisation in einem Manifest. Es trägt den Titel „Manifesto for the early years - Putting Children first.“ Die Frage, wie man Kinder im frühesten Alter am besten fördern kann, sei jedoch zwischen Wissenschaftlern, Kommentatoren und Politikern umstritten – und nicht zuletzt auch unter den Eltern.
In ihrem „Manifest für die frühen Jahre“ weist die Organisation auf die Bedeutung einer entwicklungsgerechten Förderung hin und warnt davor, eine flächendeckende Kinderbetreuung ohne entsprechende wissenschaftliche Grundlagen einzurichten. Sie fordert sowohl ausreichende Investitionen in die Qualität der Betreuung als auch eine stärkere Betonung der Bindungen und der Bedeutung des Familienlebens.
„Mit diesem Manifest möchten wir daran erinnern, dass das Wohl der Kinder im Mittelpunkt einer Bildungspolitik für die Zukunft stehen sollte. Wir sollten die lebenswichtige Bedeutung der Familie anerkennen und sie besser unterstützen und wir brauchen eine nationale Debatte darüber, welche Werte wir in der Gesellschaft als ganzes verwirklicht sehen wollen“, betont Wendy Ellyatt, die Geschäftsführerin der „Rettet-die-Kindheit“-Bewegung.
Betroffenheit
Ellyatt fügt hinzu, dass ihre Organisation sehr betroffen darüber ist, dass in ganz England die Kinderbetreuung in den frühen Jahren umgesetzt wird, ohne auf die lebenswichtige Qualität der Betreuung zu achten. Diese umfasse eine angemessene Umgebung, die verbesserte Unterstützung der Eltern sowie die ausreichende Qualifizierung von geeignetem Personal. „Ein wichtiges Ziel jeder Kinderbetreuung in den frühen Jahren muss das Gedeihen eines jeden Kindes sein, es soll sein ganzes Potential zur Entfaltung bringen können. Ohne die notwendigen Qualitätskontrollen besteht die Gefahr, dass die englischen Kinder große Nachteile haben werden“, erklärt sie.
Im Manifest werden drei Schlüsselelemente genannt, an denen sich die Frühbetreuung, die in England ECEC (Early Childhood Education and Care System) heißt, messen lassen muss: Ein integriertes, ganzheitliches und finanziell ausreichend ausgestattetes System, das sich auf wissenschaftliche Erkenntisse zur Kindheit stützt sowie ein Verständnis des Kindes als Bürger mit Rechten der Entwicklung und der Freiheit.
Das Manifest wurde Ende März veröffentlicht, zu einer Zeit in der sich die britische Regierung für mehr Unterricht durch Lehrer in den Kindergärten einsetzt, verbunden mit einem verstärkten Schwerpunkt auf formalem und strukturierten Lernen. Ein Report, den die staatliche Schulaufsicht, das Office for Standards in Education (Ofsted), Anfang April veröffentlicht hat, begründet dies damit, dass zu viele Kindergärten die Kinder nicht angemessen auf die Einschulung vorbereiten. Es solle verhindert werden, dass diese Kinder zurückbleiben, wenn sie das Schulalter erreichen.
„Gerade benachteiligte Kinder brauchen eine hohe Qualität und Frühförderung vom Alter von zwei Jahren an, durchgeführt von ausgebildeten Praktikern, betreut von einem Lehrer in einem Umfeld, das die Eltern anerkennen können und das ihnen zur Verfügung steht. Diese Orte gibt es, sie heißen Schulen“, betonte der Leiter von Ofsted, Sir Michael Wishaw, bei der Herausgabe des Reports.
Das Report wurde unmittelbar von Kindergartenverbänden und Vereinigungen für die frühe Kindheit als unzutreffend kritisiert.
Beunruhigendes Defizit
In einem breiteren Zusammenhang bringt die Organisation zur Rettung der Kindheit ihre Sorge zum Ausdruck, dass Politiker, Entscheidungsträger und die Schulaufsicht ein „beunruhigendes Defizit“ hinsichtlich der kindlichen Entwicklung zeigten, die Meinung der Experten und wissenschaftliche Befunde zur frühen Kindheit würden vollkommen außer acht gelassen. Alle Parteien konzentrierten sich auf die wirtschaftlichen Erträge einer günstigen Kinderbetreuung, ohne auf die Qualität der Betreuung und ihre Auswirkungen auf die Kinder und das Wohlergehen der Familien zu achten.
Eine integrierte Betreuung stehe nicht auf der Tagesordnung der Bildungspolitik, die lokalen Bedürfnisse würden nicht beachtet, die finanzielle Ausstattung sei nicht ausreichend, um das Personal entsprechend auszubilden. Die Wahlfreiheit der Eltern werde so vernachlässigt und untergraben.
Die Organisation fordert eine von wissenschaftlichen Erkenntnissen geleitete Bildungspolitik für die frühen Jahre, eine Gewährleistung von Qualitätsstandards, die auch die örtlichen Gegebenheiten einbeziehen, mehr Unterstützung für die Eltern und eine finanzielle Ausstattung, die der Bedeutung der frühen Kindheit entspricht. Nur so könne die Bildungspolitik auch für die frühe Kindheit die Anforderungen der UN-Konvention zu den Kinderrechten erfüllen.
END/nna/cva/ung
Bericht-Nr.: 140424-03DE Datum: 24. April 2014
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