Nachrichtenbeitrag

Bundesverdienstkreuz für NS-Zeitzeuginnen – Anna Hanusová und Helga Kinsky wirkten auch an Waldorfschul-Projekt mit

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Von NNA Mitarbeiter

PRAG/WIEN (NNA) – Für ihr Engagement als Zeitzeuginnen der NS-Zeit wurden die Überlebenden des KZ Theresienstadt, Prof. Anna (Flaska) Hanusová, geb. Flachová und Helga Kinsky, geb. Pollack mit dem Bundesverdienstkreuz geehrt. Hanosová wurde im September in Prag ausgezeichnet, ihre Mitstreiterin Kinsky letzte Woche in Wien. Die beiden Frauen sind die Urheberinnen des Projekts „Die Mädchen von Yimmer 28“, mit dem sie eine Möglichkeit des Gedenkens an die in Theresienstadt inhaftierten Kinder schaffen wollten.

Die beiden 1930 geborenen Jüdinnen stellten zunächst ihr Tagebuch und ihr Poesiealbum aus ihrer Zeit im KZ zur Verfügung. Zusammen mit weiteren Dokumenten wurden Tagebuch und Poesiealbum der Ausgangspunkt des „Room 28“ Projektes, aus dem u.a. ein Buch, eine Ausstellung, ein Theaterstück und ein internationales Kultur- und Bildungsprojekt hervorgingen. Die beiden Freundinnen haben außerdem in unzähligen Veranstaltungen von den Erfahrungen ihrer Zeit in Theresienstadt berichtet. Ihre Auftritte standen in Zusammenhang mit der Ausstellung „Die Mädchen von Zimmer 28“ oder auch mit Aufführungen der Theresienstädter Kinderoper Brundibár, die auch an Waldorfschulen als Achtklassspiel diente, z.B. 2006 an der Waldorfschule in Hamburg-Wandsbek.

Gedenkveranstaltungen, Konzerte – in Schulen, Kulturorten und öffentliche Einrichtungen – sollten dafür sorgen, dass der heutigen Jugendgeneration ein authentisches Bild von der NS-Zeit vermittelt wird. Anna Hanusová und Helga Kinsky sprachen dabei immer auch von jenen Werten, Idealen, Erkenntnissen und Hoffnungen, die ihnen im Mädchenzimmer 28 in Theresienstadt existenziell geworden waren und es bis heute auch noch sind. Die Geschichte der „Mädchen aus Zimmer 28“ können so als ein einzigartiges Zeugnis von der Kraft von Kunst, Kultur und Menschlichkeit dienen, heißt es in einer Veröffentlichung. Das Engagement der beiden Frauen gilt als beispielhaft für Versöhnung, Verständigung und für den Dialog mit jungen Menschen. 

Waldorfklassenlehrer Ulrich Kaiser, der die Kinderoper Brundibár mit seiner achten Klasse unter Mitwirkung der beiden Zeitzeuginnen an der Waldorfschule Hamburg Bergstedt aufgeführt hat, sieht seine Tätigkeit im Rahmen eines umfassenderen Konzepts der Holocaust Education an Waldorfschulen. Ziel solle es dabei nicht sein, schreibt er im Programmheft zur Aufführung „emotionale Betroffenheit didaktisch zu kultivieren“, vielmehr gehe es darum, sich an dem Motiv des „geistigen Widerstands“ zu orientieren. Unter dem Gesichtspunkt einer „anderen Geschichte“, die auch „den Besiegten und Verfolgten einen gewissen gültigen Sinn verleihen“ könnte, wie es der jüdische Philosoph Emmanuel Lévinas formuliert, sei es bei dem Theaterstück gegangen, das die damalige achte Klasse als Rahmenhandlung zu „Brundibar“ geschrieben habe, betont Kaiser.

Die Kinderoper „Brundibár“ war von Hans Krása in den 30er Jahren für ein Prager Waisenhaus geschrieben worden. Im KZ Theresienstadt war sie insgesamt 55mal aufgeführt worden als Symbol des Zusammenhalts und der Hoffnung. Der böse Leierkastenmann Brundibár wurde als Metapher für Adolf Hitler gesehen. Kinder, die ihrer kranken Mutter helfen wollten, besiegten ihn gemeinschaftlich mit der Hilfe von Tieren. Komponist Hans Krása war zusammen mit dem jüdischen Komponisten und Anthroposophen Victor Ullmann im KZ-Theresienstadt inhaftiert. Ullmann schrieb dort die Oper ‚“Der Kaiser von Atlantis“. Sie wurde zuletzt 2012 beim Stuttgarter Musikfest aufgeführt.

END/nna/ung

Bericht-Nr.: 131025-03DE Datum: 25. Oktober 2013

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