Nachrichtenbeitrag
Bundespreis Ökologischer Landbau würdigt Saatgut-Pioniere
BERLIN (NNA) – Vier Demeter-Züchter des gemeinnützigen Vereins Kultursaat e.V. im Verbund mit der Bingenheimer Saatgut AG sind in Berlin vom Bundeslandwirtschaftsministerium mit dem Bundespreis Ökologischer Landbau ausgezeichnet worden. Dies teilte Demeter e.V. mit.
Die Auszeichnung einer unabhängigen Ökozüchtung während der Internationalen Grünen Woche sei ein „wichtiges politisches Signal“ ,heißt es dazu in einer Veröffentlichung der Bingenheimer Saatgut AG. Die AG organisiert die Vermarktung des Saatgutes. Ökologische Pflanzenzüchtung habe „nichts mit Nostalgie zu tun“, sondern sei konsequenter qualitätsorientierter Ökolandbau von Anfang an. Der Ökozüchtung komme eine Schlüsselrolle zu, um „dauerhaft Agrobiodiversität, Geschmacksvielfalt und eine weitestgehende Unabhängigkeit von Saatgut-Multis zu ermöglichen“.
Insgesamt kann der biodynamische Landbau jetzt 19 Preisträger der vorweisen. Demeter-Vorstand Alexander Gerber wies darauf hin, dass die Demeter-Gemeinschaft als erster Bio-Verband Richtlinien für Pflanzenzüchtung entwickelt hat und biodynamisch gezüchtete Sorten bei Gemüse und Getreide zertifiziert.
Besonders wichtig sei auch die Verknüpfung von gemeinnütziger Züchtung mit nachhaltiger Vermarktung. „Das macht eine Zukunft für ökologisch gezüchtetes, samenfestes Gemüse erst möglich und schafft als Modell der gemeinnützigen Träger eine Alternative zu der zunehmenden Konzentration am Saatgutmarkt“. Die Kooperation sorge dafür, dass Saatgut Kulturgut bleibt und nicht „zum Spielball wirtschaftlicher Interessen wird.“
Obwohl biodynamische Züchtung am Anfang als unmöglich und überflüssig belächelt worden sei, gibt es inzwischen dank der Entschlossenheit zielstrebiger Gärtner und Bauern über 70 zugelassene biodynamische Sorten. Die Preisträger Thomas Heinze, Johanna Fellner, Vera Becher und Sebastian Vornhecke gehören zu den rund 30 biodynamischen Gemüsezüchtern von Kultursaat e.V.
Heinze (Lebensgemeinschaft Bingenheim) züchtet seit über 25 Jahren. Er hat maßgeblich eine nebenberufliche Aus-und Fortbildung in biodynamischer Pflanzenzüchtung mit aufgebaut. Vera Becher (Hofgut Rengoldshausen) ist seit mehr als zehn Jahren im Bereich Gemüsesamenbau und -züchtung tätig. Sebastian Vornhecke (Walsegarten) und Johanna Fellner (Gärtnerhof Röllingsen) stehen für die junge Generation der Züchter. Alle betreiben auch Erhaltungszucht bereits bewährter samenfester Gemüsesorten sowie Saatgutvermehrung.
Bessere Rahmenbedingungen
Demeter e.V. nahm die Preisverleihung zum Anlass, vom Bundeslandwirtschaftsminister bessere Rahmenbedingungen für die ökologische Pflanzenzüchtung zu fordern. Dazu gehöre z.B. mehr Rechtssicherheit bei Anbauverboten. Um die Gentechnikfreiheit auch auf der Ebene der gesamteuropäischen Landwirtschaft zu sichern, seien im Zusammenhang mit der geplanten Änderung des Gentechnikrechts „lückenlose, rechtssichere Verbote für den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen“ erforderlich.
Da Landwirte, die gentechnikfrei arbeiten, nicht den Aufwand verursachen, der nötig ist, um ihre Produkte gentechnikfrei zu halten, müssten außerdem sämtliche Kosten dieses Aufwands von den Gentechnikbetreibern getragen werden. Dazu gehören Patentinhaber oder diejenigen, die gentechnisch veränderte Pflanzen in Verkehr bringen.
Neben der klassischen Gentechnik bereiten andere neue biotechnologische Züchtungsverfahren, die bereits anwendet werden, den Landwirten Probleme. Schon jetzt können Züchter mit einigen dieser Sorten nicht weiter züchten, weil sie z.B. pollensteril sind. Außerdem behindert der weitreichende Patentschutz, den die Konzerne für ihre Biotech-Pflanzen durchsetzen, die Sortenentwicklung einer frei finanzierten Pflanzenzüchtung immer mehr, heißt es in den Berliner Forderungen zum Thema Saatgut, die von der Bingenheimer Saatgut AG zusammen mit Kultursaat e.V. erarbeitet worden sind.
Der Bundeslandwirtschaftsminister wird aufgefordert, sich für eine Überarbeitung des Europäischen Patentrechtes einzusetzen. Notwendig seien „klare Verbote der Patentierung von Züchtungsverfahren, von Zuchtmaterial, Pflanzen und Tieren sowie von Lebensmitteln, die daraus gewonnen werden“. Die laufende europäische Saatgutrechtsreform müsse genutzt werden, um die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Zulassungsprüfung für Sorten aus ökologischer Pflanzenzüchtung deutlich zu verbessern.
Die Kultursaat-Züchtung wird gemeinnützig organisiert und frei finanziert. Ernährungssouveränität lasse sich nur erreichen, wenn nachbaufähige Pflanzen als Gemeinschafts- und Kulturgut weiterentwickelt werden, betonten die Saatgut-Pioniere aus Bingenheim in ihrer Veröffentlichung.
END/nna/ung
Bericht-Nr.: 150130-03DE Datum: 30. Januar 2015
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