Nachrichtenbeitrag
„Billige Erdbeeren aus Spanien schaden Mensch und Umwelt“
Umweltschützer fordern Verkaufsstopp von spanischen Billigerdbeeren beim Einzelhandel – der hohe Wasserverbrauch der Beerenzucht gefährde das Naturschutzgebiet Doñana in Andalusien.
VERDEN/ALLER (NNA) – Weil in den deutschen Supermärkten das ganze Jahr über billige Erdbeeren aus Spanien zu finden sind, gefährdet die spanische Agrarindustrie wertvolle Naturschutzgebiete – dagegen gehen jetzt Umweltschützer in ganz Europa auf die Barrikaden.
Rund 250.000 Personen haben einen Aufruf unterzeichnet, mit dem die Supermärkte und Discounter in Deutschland aufgefordert werden, den Verkauf der Erdbeeren aus Südspanien zu stoppen. Um diese Erdbeeren zu liefern, würde Wasser u.a. im Nationalpark Doñana abgezapft, dessen Existenz dadurch gefährdet wird. „Der illegale Wasserraub Ihrer Zulieferer droht dieses fragile Ökosystem zu zerstören“, heißt es in dem Aufruf, der auf der Platform Campact veröffentlicht worden ist.
Bei dem rund 269 Hektar große Nationalpark Doñana handelt es sich um ein UNESCO Biospherenreservat, ein Feuchtgebiet am Golf von Cadiz und eine der am meisten geschützten Zonen in ganz Spanien. Viele Zugvögel machen dort auf ihrem Flug nach Süden Rast, von daher ist es auch der wichtigste Zufluchtsort für Zugvögel in Europa, betont Campact.
Die Region gilt als der „Beerengarten Europas“ – für den Anbau von Erdbeeren und Himbeeren verbrauchen die Agrarbetriebe jedoch extrem viel Wasser, nach Angaben von Campact gibt es über 1.000 illegale Brunnen im Nationalpark. Gehe es nach der andalusischen Regionalregierung, solle jetzt noch mehr Wasser für die Erdbeerzucht verbraucht werden. Bis jetzt ist die Wasserentnahme aus dem Nationalpark offiziell nicht erlaubt, ein neues Gesetz soll sie legalisieren.
Der Beerenanbau auf den umstrittenen Flächen des Nationalparks ist aus der Sicht der Umweltschutzorganisation WWF (World Wide Fund For Nature) „doppelt illegal“. Sowohl das Land, auf dem die Beeren wachsen, als auch das zur Bewässerung genutzte Wasser werde widerrechtlich genutzt. Das ist seit 2014 gesetzlich festgehalten. Die andalusischen Behörden hätten es seither versäumt gegen illegale Flächen und Brunnen vorzugehen. „Die geplante Amnestie illegaler Anbaubetriebe belohnt nun Landwirte, die Gesetze missachten und die Natur übernutzen,“ heißt es in der Erklärung des WWF aus Anlass des Weltwassertags.
Schlecht für Mensch und Natur
Mit 30% ist Deutschland der wichtigste Abnehmer dieser billigen spanischen Erdbeeren. Der Preis ist auch deshalb niedrig, weil auf den Farmen überwiegend Einwanderer aus Afrika arbeiten – unter dem Mindestlohn und auch oft ohne Papiere, wie die britische Zeitung „The Guardian“ schreibt. Diese Art des Anbaus sei “schlecht für Mensch und Natur“, schreibt der WWF.
Die fünf größten Lebensmitteleinzelhändler in Europa Aldi Nord, Aldi Süd, EDEKA, Kaufland, Lidl, Netto und die Rewe Group hatten sich schon im vergangenen Jahr bei der spanischen Regierung für den Schutz des Doñana Feuchtgebiets eingesetzt, indem sie die Initiative des WWF unterzeichnet haben. Trotz dieser Initiative sei nichts passiert, betont Campact. Deswegen müsse der Lebensmitteleinzelhandel nun die Konsequenz ziehen und mit einem Verkaufsstopp für die Billigerdbeeren jetzt auf ökonomischen Druck setzen. Die Supermärkte könnten ihre Zulieferer auswählen und „ein klares Zeichen senden: Andalusien darf Europa nicht länger mit Billig-Beeren versorgen, ohne Rücksicht auf die Umwelt zu nehmen“, betont der Aufruf.
Der Doñana Nationalpark leidet bereits – wie andere Regionen Spaniens auch – unter massivem Wassermangel durch das Absinken des Grundwasserspiegels. Jorge Olcina, Chef des Klimalabors der Universität Alicante bezeichnete die Situation in Katalonien und Andalusien gegenüber dem französischen Fernsehsender France 24 als „alarmierend“, die Wasserreservoire umfassten im Mai lediglich 25% ihrer Kapazitäten. Wissenschaftler machen Phänomene des Klimawandels wie die anhaltende Dürre und ungewöhnlich warme und trockene Winter, aber auch die übermäßige Entnahme von Grundwasser für diese Wasserknappheit verantwortlich.
Übergriffe der Agrarindustrie
Bereits im Februar wurden die Einwohner der beiden Regionen aufgefordert, ihre Gärten nicht mehr zu gießen und ihre Swimmingpools nicht mehr zu füllen. Auch die Landwirtschaft wurde zum Wassersparen angehalten. Auch in anderen Regionen Spaniens liegt die Füllmenge der Reservoirs nur bei 40%. Die UNO hat Spanien ebenfalls auf das Problem hingewiesen, sie schätzt, dass 75% des Territoriums des Landes davon bedroht sind, zur Wüste zu werden.
Rückzugsgebiete der Natur in ganz Europa leiden zunehmend unter den Übergriffen der Agrarindustrie schreibt WeMove Europa.
„Wenn wir zulassen, dass ein Naturpark wie Doñana – mit einem der höchsten Schutzniveaus von globalen, europäischen und nationalen Behörden – geplündert wird, welche Chance haben dann nicht geschützte Gebiete?“ Die Platform ruft die Europäische Union auf, umgehend Sanktionen gegen die andalusische Regierung zu verhängen. Ähnliche Vorgänge seien in ganz Europa zu verzeichnen, „von Lützerath in Deutschland bis Polinesien in Polen“.
END/nna/ung
Bericht-Nr.: 230723-02DE Datum: 23. Juli 2023
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