Nachrichtenbeitrag
Ärzte ohne Grenzen fordern: „Kein Profit durch Patente in der Pandemie!“
Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen befürchtet, dass Patentmonopole auf Mittel und Tests gegen die Corona-Pandemie zu überhöhten Preisen und Verknappungsstrategien führen werden. Regierungen müssten den Zugang sichern.
BERLIN (NNA) – Die internationale Hilfsorganisation „Ärzte ohne Grenzen“ hat die Regierungen weltweit aufgefordert, den Zugang zu Medikamenten, Impfstoffen und Tests zur Bekämpfung der neuartigen Viruserkrankung Covid-19 sicherzustellen. Dazu sollten Patente ausgesetzt, aufgehoben oder Preiskontrollen eingeführt werden.
Patentmonopole dürften nicht zu überhöhten Preisen, einem eingeschränkten Zugang zu diesen Instrumenten gegen Covid-19 und damit letztlich zum Verlust von Menschenleben führen, heißt es in einer Pressemitteilung der Organisation.
„Pharmaunternehmen sollten angesichts der Pandemie darauf verzichten, Patente auf Medikamente gegen Covid-19 durchzusetzen. Es wäre Wahnsinn, wenn in einer solchen Situation Monopole die Verfügbarkeit dieser wichtigen Medikamente aus Profitgründen einschränkten“, sagt Marco Alves von der Medikamentenkampagne von „Ärzte ohne Grenzen“ in Deutschland.
Wenn die Unternehmen dazu nicht bereit seien, müsse die deutsche Regierung „alle Möglichkeiten ergreifen, um nicht nur den eigenen Bedarf zu decken, sondern auch dazu beizutragen, dass die Produktion von wichtigen Medikamenten gegen Covid-19 im globalen Maßstab hochgefahren wird, damit der weltweite Bedarf an diesen Medikamenten gedeckt werden könne.
Zwangslizenzen
Kanada, Chile, Ecuador und Deutschland haben nach Angaben der Organisation bereits Schritte unternommen, um die Außerkraftsetzung von Patenten zu erleichtern und rasch Zwangslizenzen für Covid-19-Medikamente, -Impfstoffe und andere medizinische Hilfsmittel vergeben zu können. Die israelische Regierung hat eine Zwangslizenz für ein patentiertes Medikament erteilt, dessen Wirkung gegen Covid-19 derzeit untersucht wird.
Für das derzeit aussichtsreiche Covid-19-Medikament Remdesivir habe der Pharmakonzern Gilead gerade nach massiven öffentlichen Protesten – unter anderem auch von Ärzte ohne Grenzen – auf Sonderrechte verzichtet, die ihm von der US-Arzneimittelbehörde FDA gewährt worden waren und die ihm ein erweitertes Monopol auf das Medikament verschafft hätten. Gilead hat sich jedoch noch nicht verpflichtet, seine Patente weltweit nicht durchzusetzen. Der Konzern hat ein entsprechendes Patent in mehr als 70 Ländern beantragt. Vorläufige Ergebnisse klinischer Studien mit Remdesivir zur Behandlung von Covid-19 werden für April erwartet.
In einem offenen Brief haben 150 Organisationen aus der ganzen Welt Gilead aufgefordert, das Patent auf Remdesivir nicht durchzusetzen. „Gilead sollte mit dieser Pandemie nicht Profit machen. Das Unternehmen muss sich verpflichten, seine Patente und andere Exklusivrechte nicht durchzusetzen oder zu beanspruchen", sagt Dana Gill von der Medikamentenkampagne von „Ärzte ohne Grenzen“ in den USA.
Das Unternehmen könne sonst während dieser globalen Gesundheitskrise und in den kommenden Jahren für Remdesivir verlangen, was immer es wolle. „Das ist noch empörender, wenn man bedenkt, wie viel Steuergelder und öffentliche Mittel bereits zur Erforschung und Entwicklung von Remdesivir beigetragen haben.“
Pandemieprofit
Wie „Ärzte ohne Grenzen“ weiter schreibt, biete der US-amerikanische Diagnostik-Testhersteller Cepheid ein weiteres Beispiel für Pandemieprofite. Das Unternehmen habe gerade die US-FDA-Notfallgenehmigung für einen Covid-19-Schnelltest (Xpert Xpress SARS-CoV-2) erhalten, der Ergebnisse in nur 45 Minuten liefert, wobei vorhandene Testmechanismen verwendet werden, die routinemäßig für Tuberkulose (TB), HIV/Aids und andere Krankheiten eingesetzt werden.
Cepheid habe angekündigt, selbst in den ärmsten Ländern der Welt, in denen die Menschen mit weniger als zwei Dollar pro Tag auskommen müssen, 19,80 US-Dollar pro Test zu verlangen. Die Gesamtkosten des Unternehmens für die Bereitstellung eines Testmoduls lägen bei nur drei Dollar.
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Bericht-Nr.: 200331-03DE Datum: 31. März 2020
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